Kommentar:Eingeknickt und abgenickt

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Die Mehrheit im Kreistag aus CSU und SPD haben einer Tarifreform des MVV zugestimmt, obwohl sie deren Schwächen kannten. Nun bleibt nur die Hoffnung auf Schwarz-Grün und das Södersche Jahresticket

Von Peter Bierl

Der Landrat und die Kreistagsmehrheit aus CSU und SPD stehen da wie begossene Pudel. Da haben sie den Grünen Martin Runge mit Schaum vor dem Mund attackiert, bloß weil er wieder mal gezeigt hat, dass er rechnen kann. Denn die angepeilte MVV-Tarifreform mag ja für Busfahrer von Vorteil sein und den Wirrwarr aus Zonen und Ringen beenden, aber ist nur die nächste Preiserhöhung bei mindestens gleich schlechtem Angebot und Service.

Trotzdem wurde sie von der Mehrheit im Kreistag abgenickt. Irgendwie erwartungsgemäß, weil die SPD, wenn es um die S-Bahn geht, stets vom Münchner Rathaus ferngesteuert wird, und Landrat Thomas Karmasin hat sowieso einen Dienstwagen. Der mangelnde Einsatz oder aber die Erfolglosigkeit der lokalen CSU und ihrer Vertreter zeigt sich selbst in der sogenannten Machbarkeitsstudie des Freistaates: Die popelige Nebenstrecke der S 8 zwischen Steinebach und Hechendorf für Andechs-Wallfahrer soll schon ab 2019 zweigleisig ausgebaut werden, für den sowieso unzureichenden dreigleisigen Ausbau der S 4, den am stärksten von Berufspendlern genutzten Ast im Westen, steht der Baubeginn in den Sternen. Und nun sieht es so aus, als würde der Kreistag von München-Land die Tarifreform in der Form kippen, denn auch dort sind viele Pendler von den Preiserhöhungen betroffen.

Ministerpräsident Markus Söder kämpft ums Überleben, da spielt Geld keine Rolle. Zumal es ja das Geld der Steuerzahler ist und in diesem Fall nicht verplempert wird. Ein vom Freistaat subventioniertes 365-Euro-Jahresticket samt Ausbau der Schiene wäre ein echter Fortschritt, ein unschlagbar günstiges Angebot, das viele Leute dazu bringen könnte, auf das Auto zu verzichten.

Aus der Wahlkampfnummer darf Söder so leicht nicht mehr rauskommen. Die Kommunalpolitiker, insbesondere aus der CSU, in einigen Wochen vielleicht auch die grünen Koalitionspartner, stehen in der Pflicht, den Ministerpräsidenten darauf festzunageln. Der Freistaat muss endlich mehr Geld für den ÖPNV ausgeben, für Klimaschutz und gegen Verkehrschaos. Dann ließe sich ein simples Tarifsystem verwirklichen plus einer drastischen Preissenkung, die dem Nulltarif sehr nahekommt.

© SZ vom 13.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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