Kommentar:Die Schummelei mit Zahlen beenden

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Statt über die Erfüllung der Flüchtlingsquote sollte über den Bau von dringend benötigten Wohnungen gesprochen werden

Von Gerhard Eisenkolb

Politische Führungskräfte haben von Wirtschaftsmanagern eines gelernt: Verantwortung und Aufgaben nach unten zu delegieren. Welches Desaster herauskommt, wenn die Chefs eines großen Konzerns den Autobauern Abgaswerte für Motoren vorgeben, die nicht einzuhalten sind, ist zurzeit bei VW zu erleben. Ähnlich verhält es sich mit der Quote zur Unterbringung von Asylbewerbern in den einzelnen Landkreisgemeinden. Auch hier ist es für die meisten Bürgermeister unmöglich, die mit dem Landrat getroffene Vereinbarung einzuhalten. Und zwar nicht deshalb, weil sie nicht wollten, sondern weil es die benötigten Unterkünfte einfach nicht gibt.

Als ob die Aufgabe, Flüchtlingsquartiere zur Verfügung zu stellen, nicht schon schwer genug wäre, kommt im Landkreis noch eine Erschwernis hinzu. Die Berechnungsgrundlage für die Quote entspricht nicht der Realität. Die in der Dependance der Regierung von Oberbayern im Fliegerhorst lebenden Asylbewerber werden nicht berücksichtigt. Das wissen die Bürgermeister - das wurde bewusst so eingefädelt als Argumentationshilfe gegenüber ihren Bürgern und Gemeinderäten. Berechnungen sollten jedoch auf realistischen Angaben beruhen. Und die Realität sieht nun mal so aus, dass bis Ende Dezember die vom Landrat prognostizierte Zahl von rund 3100 Flüchtlingen nur zu erreichen ist, wenn die Dependance mit weiteren 1200 Menschen einbezogen wird. Deshalb werden in den Unterkünften der Gemeinden "nur" 1800 bis 1900 Plätze benötigt. Wobei auch diese Zahl nur zu erreichen ist, wenn Flüchtlinge weiterhin in Turnhallen leben.

So hilfreich die Quote für eine gerechte Verteilung ist, bringt sie eines sicher nicht: fehlende Wohnungen. Um diese zu bekommen, bedarf es einer neuen gemeinsamen Kraftanstrengung der Kommunen und des Landrats. Es muss endlich darüber geredet werden, wie und wo die dringend benötigten Sozial- und Geschosswohnungen gebaut werden sollen. Da diese Aufgabe keine Gemeinde oder Stadt alleine schultern kann, ist das nur in Zusammenarbeit mehrerer Kommunen möglich. Ob eine anders berechnete Quote bei der Verteilung der Lasten helfen kann, muss sich zeigen. Was sicher nicht hilfreich ist, sind Kontroversen wie die bereits angekündigte Zwangszuweisung von Flüchtlingen. Solche Maßnahmen würden den Grundkonsens gefährden, Flüchtlinge hier menschenwürdig unterzubringen und zu integrieren.

© SZ vom 05.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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