Kommentar:Der Jugend vertrauen

Lesezeit: 1 min

Die Vereine müssen ihr Potential nur nutzen

Von Anna Landefeld-Haamann

Wer über die vermeintliche Generation "Null Bock" zu Schimpftiraden ausholt, sollte für einen kurzen Moment innehalten und sich fragen, welche Generation er denn da eigentlich genau schelten möchte. Gewohnheitsmäßig ist es natürlich die Jugend, die mit dieser schlichten Etikettierung bedacht wird. Dass damit auch durchaus Menschen fortgeschritteneren Alters gemeint sein könnten, das wagt kaum einer auszusprechen. Wahrscheinlich hat das Lamento über eine verwahrloste und lustlose Jugend einfach nur eine längere Tradition - o tempora, o mores! Dabei geht es mitnichten darum, die jungen Leute mit ihren Motivationen und ihrem Engagement zu überhöhen. Nur vor der eignen Haustür kehren, das sollte man doch ab und zu, damit die momentan so vielfältige Vereinskultur des Landkreises in ein paar Jahren nicht doch ihren Niedergang erleidet. Dabei erleben wir momentan eine regelrechte Wiedergeburt des Wertkonservatismus bei der jungen Generation zwischen 18 und 44 Jahren, genannt "Y". Es regiert ein neues Biedermeier, in dem eine tiefe Sehnsucht nach Familie, Sicherheit und Struktur deutlich wird. Nichts vereint diese Bedürfnisse wohl besser als der Verein.

Die gegenwärtigen Vorstände und Beiräte sollten sich dieses jugendliche Lebensgefühl für die Vereinsarbeit zunutze machen. Es muss ihnen gelingen, die Jugend frühzeitig in die Vereinsstrukturen einzubinden und sie im Gegenzug dafür ruhig auch fordern zu dürfen - das heißt: ihnen etwas zutrauen. Konkret bedeutet dies beispielsweise, sie die Getränke für das nächste Fest organisieren zu lassen oder den Facebook-Auftritt des Vereins zu gestalten. Die hohe Affinität zu Technik und den sozialen Medien sinnvoll zu nutzen und nicht sinnlos zu verteufeln. Genauso gehört dazu aber auch, sie in die Vorstände und Beiräte zu holen. So lernen sie angeleitet und behutsam, Verantwortung für die großen Familie "Verein" zu übernehmen.

Doch wie in allen Familien müssen auch die Jüngsten zeigen, dass sie bestehen können. Und das, ohne den Oberhäuptern respektlos zu begegnen. In vielen Vereinen stünde der Jugend ein wenig mehr Selbstbewusstsein gut zu Gesicht. Zukünftig muss sie sich zusammenschließen, um ihre Interessen zu vertreten.

© SZ vom 22.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: