Kommentar:Denkmalschutz wird zur Farce

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Warum ein Abriss der Amperbrücke nicht in Frage kommt

Von Gerhard Eisenkolb

Bürger folgen nun mal nicht der Logik von Straßenbaubehörden, sie folgen eher ihrem Bauch- und Lebensgefühl, also Emotionen. Oder einfach nur ihren Eigeninteressen. Wäre es anders, hätte Fürstenfeldbruck schon lange eine Ortsumgehung. Nun zu argumentieren, diejenigen, die sich hartnäckig gegen jede Umfahrungsvariante aussprachen, seien daran schuld, dass das Brucker Wahrzeichen Amperbrücke durch einen Neubau ersetzt werden muss, um die Durchfahrt der B 2 zu ertüchtigen, mag von der Sachlogik her richtig sein. Aber eigentlich geht es in dem Streit um noch etwas anderes, ebenso Wichtiges: den Umgang mit historischen Baudenkmälern.

In einer Woche werden sich im Brucker Zentrum wieder Zehntausende beim Altstadtfest zum Feiern einfinden. Solche Feste mögen nicht jedermanns Sache sein, aber eine Altstadt ist nun mal eine besonders schöne Kulisse für große Events. Sie ist aber noch weit mehr: Sie ist ein über Generationen gewachsener Lebensraum. Wem seine Altstadt wichtig ist, der muss sich der Verantwortung stellen, mit dem über Jahrhunderte gestalteten öffentlichen Raum behutsam umzugehen und die historischen Bauten zu erhalten. Dazu gehört es, dass denkmalgeschützte Bauwerke wie die 110 Jahre alte Amperbrücke tabu sind. Wer ein Bauwerk unter Denkmalschutz stellt und trotzdem abreißt, macht Denkmalschutz zur Farce. Der die Altstadt prägende Übergang war vor einigen Monaten in die Denkmalliste aufgenommen worden, als die Neubauüberlegungen bereits bekannt waren.

Sich nun über den Denkmalschutz hinwegzusetzen, wäre ein falsches Signal an jeden, dem sein altes Haus eine Last ist. Es ließe sich nämlich immer ein Grund finden, alte das Ortsbild der Dörfer prägende Bauernhäuser oder historische Bauwerke abzureißen und den damit verbundenen Verlust an Lebensgefühl und Identität hinzunehmen. Die Amperbrücke mag in ihrem jetzigen Bauzustand ausgedient haben. Trotzdem sollte eine Sanierung geprüft werden. Zudem ist es kein Naturgesetz, Schwerlastwagen auf kürzestem Weg durch eine Altstadt zu leiten. Schließlich gibt es genug Ausweichrouten, die immer dann gut funktionieren, wenn der Marktplatz mal wieder wegen einer Feier oder Bauarbeiten gesperrt ist.

© SZ vom 17.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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