Kommentar:Beispielhafte Beteiligung

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Europa scheint in den Köpfen der Landkreisbürger als Verpflichtung angekommen zu sein

Von Christian Hufnagel

Wer diesen Wahlkampf im Landkreis verfolgt hat, konnte mit dieser erfreulich hohen Wahlbeteiligung nicht rechnen. Gleich welcher Partei, die Veranstaltungen waren eher schlecht besucht; die wenigen, die kamen, sympathisierten eh fast ausschließlich mit dem Gastgeber. Und an den Infoständen auf der Straße wollten die, die dann doch mal stehen blieben, mit den wackeren Wahlkämpfern lieber über die Ärgernisse in ihrem Ort diskutieren als über die Probleme mit und in Brüssel und Straßburg. Aber irgendwie muss die Landkreisbürger dann doch erreicht haben, dass vom Bauunternehmer bis zum Bauern doch so ziemlich jeder Berufsstand mit der EU zu tun hat und also Europa jeden angeht. Anders ist nicht zu erklären, dass es in jedem Fall einen Gewinner gibt: das Bewusstsein für die Bedeutung dieses länderübergreifenden Parlaments. Die Wahlbeteiligung erreichte mit mehr als 67 Prozent eine Rekordmarke, bei der manch lokales Abstimmungsergebnis gut aussehen würde. Bei den vergangenen Europawahlen sind im Landkreis nicht einmal die Hälfte der Stimmeberichtigten zum Wählen gegangen.

Zweite Auffälligkeit ist, dass sich das Abstimmungsverhalten zu stabilisieren scheint. Heißt im Einzelnen: Die CSU muss seit der Landtagswahl keinen weiteren Vertrauensverlust verkraften und bleibt stärkste Partei - wiederum vor den Grünen. Diese landen erneut ordentlich über der 20-Prozent-Marke und erzielen den größten Zuwachs im Vergleich zu 2014. Von der ehemaligen Volkspartei SPD haben sich seit Herbst im Landkreis zumindest nicht noch mehr abgewandt, im Vergleich zur EU-Wahl vor fünf Jahren muss die Partei freilich mehr als die Halbierung der Stimmen verkraften. Damals hatten die Sozialdemokraten aus einem unverhofften Stimmenzuwachs auf 21 Prozent an eine Trendwende geglaubt. Die trat bekanntlich nicht ein. Und mit einer Enttäuschung müssen auch jene leben, die 2014 aus dem Stand als Euro-Kritiker auf neun Prozent kamen: Doch der Rechtspopulismus der AfD verfängt offensichtlich zum Glück nicht mehr in dem Maße, dass dieser Partei dauernd Zulauf beschert werden würde. Sie hat sich mit rund sieben Prozent zu bescheiden.

© SZ vom 27.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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