Kommentar:Ausdiskutieren statt einknicken

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Mit den Bürger im Puchheimer Altdorf vorher zu sprechen, hätte viel Druck aus der Diskussion um Obdachlosenwohnungen genommen

Von Peter Bierl

Not kennt kein Gebot, lautet eine Maxime, die eine gewisse Berechtigung hat, aber leicht dazu missbraucht werden kann, das Denken und Abwägen auszuschalten oder gar zu diffamieren. Im Großraum München fehlt es an erschwinglichem Wohnraum für die wachsende Zahl von Menschen mit geringen und mittleren Einkommen. Das trifft Einheimische ebenso wie Zugereiste, Arbeitsmigranten aus ärmeren EU-Staaten und anerkannte Flüchtlinge. Dass der Puchheimer Bürgermeister seit zwei Jahren daran arbeitet, für obdachlose Menschen einfache und günstige Behausungen zu schaffen, ist sehr gut. Andere Kommunen sollten sich daran ein Beispiel nehmen.

Weniger gut ist, dass die Kommune nun vor den Protesten von Anwohnern einknickt und statt zwölf nur sechs Wohnungen für diese Klientel bauen wird. Besser wäre gewesen, sich mit deren Positionen auseinander zusetzen. Es ist legitim, wenn Nachbarn meinen, dass es zu viel wäre, 100 bis 200 Menschen an dieser Stelle, am Ortsrand des Altdorfes, unterzubringen. Denn dieses Dorf bietet zu wenig Infrastruktur, kaum Einkaufsmöglichkeiten und nur eine Grundschule, die Verkehrsanbindung ist suboptimal. Die Kommune wird auf andere Flächen in zentraleren Gebieten von Puchheim-Bahnhof zurückgreifen müssen, wenn sie einfache und billige Wohnungen für eine größere Zahl bauen will.

Allerdings plant die Kommune im Altdorf sowieso nur noch zwei Gebäude und nicht drei, wie Nachbarn argwöhnen, und Zahlen von bis zu 200 Menschen, die dort wohnen sollen, klingen ziemlich übertrieben. Bürgermeister und Stadtrat hätten klarstellen müssen, wo die Obergrenze liegt und dass die Kommune über Gestaltung und Belegung der Wohnungen entscheidet. Darüber hätte man mit Anwohnern diskutieren und Lösungen finden können. Dabei hätte sich auch die Spreu vom Weizen getrennt, berechtigte Einwände von Ressentiments gegenüber Armen und Flüchtlingen. Stattdessen hat der Planungsausschuss selbst den Spielraum der Stadt eingeschränkt.

© SZ vom 14.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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