Kommentar:Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

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Olching muss nicht auf eine Spende angewiesen sein. Die Stadt sollte selbst MVV-Tickets für Bedürftige finanzieren

Von Julia Bergmann

Schön, dass die Stadt Olching nun auch zwei MVV-Tickets für Bedürftige Bürger zur Verfügung stellt. Weniger schön ist, dass es dafür erst einer Spende des früheren Grünen-Stadtrats Manfred Fratton bedurfte. Dass seit Frattons Spende mittlerweile fast drei Monate ins Land gezogen sind, ist dabei zwar ärgerlich, lässt sich aber noch verschmerzen. Immerhin gibt es ein Prozedere, an das sich die Stadt bei der Annahme von Spenden zu halten hat. Dass die vermeintlich komplizierte Suche nach einem Ausgabeort nun aber droht, die Sache noch weiter hinauszuzögern, ist schlichtweg peinlich.

Unverständlich ist auch die Argumentation des Olchinger Bürgermeisters Andreas Magg (SPD), wenn er erklärt, warum sich der Stadtrat vor Frattons Spende bereits einmal gegen die Einführung eines städtischen Sozialtickets entschieden hatte. Sicherlich ist es grundsätzlich löblich, wenn sich Politiker abwägt, wofür Steuergelder ausgegeben werden sollten. Und sicherlich kann man auch der Meinung sein, dass das Bereitstellen eines MVV-Tickets für Bedürftige nicht im Pflichtaufgabenbereich der Stadt liegt. Dass sich aber ausgerechnet ein Sozialdemokrat so vehement gegen die Einführung eines Sozialtickets sträubt, ist trotzdem mindestens überraschend. Richtig krude wirkt es sogar, wenn man an die noch nicht lange zurückliegende und vom Bürgermeister und großen Teilen des Stadtrats unterstützte Gründung des Stadtmarketing Vereins denkt. Dieser Verein wird in den kommenden drei Jahren mit 75 000 Euro jährlich von der Stadt finanziert - durch Steuergelder. Auch das ist keine genuin städtische Aufgabe, es ist eine freiwillige Leistung. Gerade als Sozialdemokrat ist es schwierig danach plausibel zu machen, warum die Stadt über Jahre hinweg Tausende von Euro für die Imagebildung der Marke Olching ausgibt, aber keine 1600 Euro für sozial Benachteiligte.

Wenn Magg sagt, dass derlei Argumente aber nun, durch die Spende, ohnehin irrelevant geworden sind, irrt er. Denn spätestens in einem Jahr, wenn die Tickets nicht mehr gültig sind, werden sich diese Fragen für die Stadt erneut stellen. Dass das Konzept auch ohne große Diskussionen reibungslos funktionieren kann, zeigt Germering - regiert von einem CSU-Bürgermeister.

© SZ vom 28.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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