Kommentar:Auf Kosten der Natur

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Die Absicht von Grafrath, Betriebe in einem Landschaftsschutzgebiet anzusiedeln, zeigt wieder einmal: Tiere und Pflanzen müssen zurückstecken, wenn es ums Geld geht

Von Heike A. Batzer

Und im Anfang war das Gewerbegebiet Gada bei Bergkirchen, an der Autobahnzufahrt kurz hinter der Landkreisgrenze. Viele Firmen siedelten sich dort an und bescherten den Bergkirchenern unerwarteten Reichtum. Die übrigen Gemeinden staunten und versuchten es den Bergkirchenern fortan gleich zu tun: Ein Gewerbegebiet musste her, und seither reiht sich eines ans andere entlang der Bundesstraße 471. Aus finanziellen Gründen ist das verständlich, ist die Gewerbesteuer für die Kommunen doch eine verlässliche Einnahmequelle und so ziemlich die einzige, deren Aufkommen sie selbst steuern können. Und Arbeitsplätze als Argument ziehen immer. Aus städtebaulicher Sicht und aus Gründen des Landschaftsschutzes freilich ist die Entwicklung fatal.

Immer mehr Flächen werden auf diese Art und Weise versiegelt, die Natur und mit ihr Tiere und Pflanzen werden zurückgedrängt. Auch dort, wo man sie schützen wollte über die Ausweisung von Natur- und Landschaftsschutzgebieten, kann die Natur ihres Fortbestehens nicht sicher sein. Im Zweifelsfall gilt der Landschaftsschutz dann eben nicht mehr.

Wie jetzt in der Gemeinde Grafrath. Weil es dort so gut wie keine Möglichkeiten gibt, Flächen für die Ansiedlung von Unternehmen bereit zu stellen, hat man einst ein Gewerbegebiet in die nordöstlichste Ecke der Gemeinde gepfercht: zwischen Forstlichem Versuchsgarten und Landschaftsschutzgebiet, erreichbar über ein Wohngebiet. Es ist der sichtbar gewordene, verzweifelte Versuch, auch mitzuhalten im kommunalen Bieterwettbewerb um Unternehmen und Gewerbesteuerzahler. Dieses Gewerbegebiet in ungünstiger Lage auch noch ausweiten zu wollen, hinein in ein Landschaftsschutzgebiet, ist eine kurzsichtige Politik, die die Interessen der Natur nur so lange bereit ist zu berücksichtigen wie sie andere Ziele nicht behindert.

Mehr Gewerbe wird zudem mehr Verkehr anziehen. Wo soll der fließen? Durch das Wohngebiet, wie schon jetzt? Oder wird eines Tages doch eine neue Erschließung notwendig werden? Eine Anbindung an die B 471 etwa? Sie würde mitten durch das Landschaftsschutzgebiet führen.

© SZ vom 23.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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