Kommentar:Argumente von vorgestern

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Das Thema Livestream spaltet nicht politische Lager, sondern ­Alt und Jung

Von Florian J. Haamann

Es war schon eine irgendwie sonderbare Debatte, die da im Brucker Haushaltsausschuss zum Thema Livestreaming der Sitzungen geführt wurde. Die Gründe derer, die eine solche Initiative ablehnen, wirken größtenteils wie völlig aus der Zeit gefallen und waren zudem nicht selten von Bürgerferne und einer gewissen Respektlosigkeit gegenüber dem Souverän geprägt. Wer sagt, diejenigen die sich für die Sitzung interessieren, die könnten ja vorbeikommen und zudem gebe es ja kein Recht auf so eine Leistung, der schließt ganz bewusst den Teil der Bevölkerung aus, der eben nicht vorbeikommen kann, sei es, weil er keine Zeit oder weil er körperlich nicht in der Lage dazu ist - oder ganz banal, weil er keine Lust hat, drei Stunden im Sitzungssaal zu hocken, aber durchaus Lust hätte, sich bestimmte Wortmeldungen oder Debatten zu einem speziellen Thema anzuhören. Zudem wird völlig ignoriert, dass viele Menschen, gerade jüngere, Inhalte eben lieber digital als analog konsumieren. Ob das gut oder schlecht ist, ist dabei völlig egal, es ist Fakt.

Gerade in Zeiten, in denen Politiker aller Parteien stets davon sprechen, dass man die Prozesse für Bürger transparenter machen muss, auch um der Politikverdrossenheit und dem Erstarken der Rechtspopulisten entgegenzuwirken, sind solche Aussagen einfach nicht nachvollziehbar. Transparenz ja bitte, aber nicht bei uns. Dass es tatsächlich gewählte Volksvertreter gibt, die sich öffentlich äußern und öffentlich auftreten, dann aber erklären, sie seien mit einer Übertragung im Internet nicht einverstanden, entzieht sich jeder Logik. Und es entsteht tatsächlich der von Philipp Heimerl geäußerte Eindruck, dass es dabei nicht um konkrete Bedenken geht, sondern um eine grundsätzliche Ablehnung von Technik und Internet, eine undefinierte Angst, hervorgerufen durch den Unwillen zur Beschäftigung mit modernen Kommunikationsmitteln. Es ist kein Zufall, dass die Front in der Debatte weniger zwischen den Parteien, als vielmehr zwischen Alt und Jung verlaufen ist.

© SZ vom 21.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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