Kommentar:Alles andere als lächerlich

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Wer etwas erreichen will, darf anfangs ruhig das maximal Mögliche fordern

Von Manfred amann

An die 10 000 Fahrzeuge passieren auf der B 471 täglich die Ortsdurchfahrt Grafrath, etwa zehn Prozent davon sind Schwerlaster, und es gibt keinen Zweifel, dass es nach dem vierspurigen Ausbau im Norden auch im Süden mehr werden. Denn bis zur Lindauer Autobahn ist es über die mautfreie Verbindung kürzer als über die Westumfahrung von München. Daran wird auch die im neuen Verkehrswegeplan priorisierte Verbreiterung der A 99 nichts ändern. Man mag die Forderung der Gemeinde Grafrath, aufgrund der steigenden Fahrzeugzahlen den Verkehr zum Schutz der Bürger vor noch mehr Lärm und Abgasen unter die Erde zu verlegen, für völlig überzogen halten, doch geht es darum überhaupt? Mitnichten.

Vielmehr geht es doch darum, eine auf den Ort und seine Bürger zukommende, die Lebensqualität einschränkende Belastung zu erkennen und so frühzeitig wie möglich darauf hinzuwirken, dass es nicht so schlimm wird wie befürchtet. Die Bevölkerung vor Risiken und Schäden zu bewahren, auch vor solchen, die vom Verkehr herrühren, ist eine originäre Aufgabe der Politik. Die Tunnelforderung ist daher eher als ein "Vehikel" zu betrachten, die Sorgen und Nöte der Bürger von Grafrath fest in den Köpfen der Politiker zu verankern. Wer sich über die Tunnelidee lustig macht, hat nicht begriffen, dass es von entscheidender Bedeutung ist, erst einmal gehört zu werden, wenn man etwas erreichen will. Und dafür sind Höchstforderungen ein geeignetes Mittel, auch wenn sie dem ersten Anschein nach lächerlich wirken mögen.

In Grafrath kommt noch hinzu, dass die Tunnellösung gar nicht so illusorisch ist, wie es scheint, weil es schlichtweg keine Alternative gibt, um die Belastung für die Bevölkerung zu minimieren - außer vielleicht in Form irre hoher Lärmschutzwände. Der Stau am Kreisverkehr wäre damit aber auch nicht weg. Und was noch hinzukäme: die Teilung von Grafrath in einen nördlichen und einen südlichen Ortsteil würde gänzlich unumkehrbar. Mit der Absenkung und Einhausung der Straße indes könnte man die Spaltung des Ortes zumindest in Teilen wieder rückgängig machen. Dann könnte zusammenwachsen, was zusammen gehört.

Auch das klingt illusorisch, sollte aber dennoch zu einem wichtigen Argument werden, wenn über bauliche Veränderungen an der B 471 durch Grafrath beraten wird. Es wäre sicher hilfreich, die Tunnelidee nicht nur über die Straßenverkehrsplanung zu verfolgen, sondern auch in die Landesentwicklungsplanung einzuspeisen.

© SZ vom 04.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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