Kommentar:Abschied von Ritualen

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Bankfilialen schließen, die Kunden müssen mobiler werden

Von Erich C. Setzwein

Es sind eingeübte Rituale, wenn Menschen heute noch mit einem ausgefüllten Formular in die Bankfiliale an den Schalter kommen. Es ist eine für selbstverständlich gehaltene Dienstleistung, wenn Kunden Geld "abheben", indem es ihnen ein Bankmitarbeiter hinblättert. Aber diese Zeiten gehen zu Ende, ja in großen Teilen des westlichen Landkreises gibt es solchen Service schon länger nicht mehr. Allein die Kreditinstitute, die sich der Region verpflichtet fühlen, haben über Jahre hinweg sogar in Kooperation versucht, die persönliche Beratung aufrechtzuerhalten. Doch irgendwann, sagen die Sparkasse und die Volksbank Raiffeisenbank, sei so etwas nicht mehr wirtschaftlich. Dann sind jene Kunden enttäuscht, die schon ihr ganzes Leben lang im persönlichen Kontakt ihre Bankgeschäfte erledigt haben. Diese Kunden sind auch zu bedauern, da sie sich wohl sehr spät oder vielleicht auch selbst gar nicht mehr auf Onlinebanking und digitalen Zahlungsverkehr einlassen. Und wer daheim keinen PC stehen hat, könnte ein Terminal am Standort des Geldautomaten benutzen.

Sparkasse und VR Bank sind über 15 Jahre einen Weg gemeinsam gegangen, sie haben sich Immobilien und Infrastruktur geteilt und sie sind damit die ersten Kreditinstitute in Deutschland. Das ist einst von der Fachpresse mit Lob bedacht worden. Wenn es nun mit der Schließung von ohnehin nur noch von der VR Bank allein betriebenen Filialen zu Ende geht, müssen die Kunden mobil sein, wenn sie sich beraten lassen wollen. Auch die Banken erleben einen Strukturwandel, die jetzt geschlossenen Geschäftsstellen werden nicht die letzten sein. Angesichts der Niedrigzinspolitik werden gerade auch die Sparkassen und Genossenschaftsbanken sehr genau darauf achten, welche persönliche Dienstleistung sich noch auszahlt und was besser online erledigt werden kann. Es würde in die Zeit passen, wenn sich auch der Weg zum Geldautomaten und das Bezahlen mit Bargeld erübrigen würden. Doch dazu ist anscheinend noch niemand bereit. Selbst eingefleischte Online-Banker wollen auf den Zehner in der Tasche noch nicht verzichten.

© SZ vom 30.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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