Klassik in Germering:Die hörbare Seele der Musik

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Pianist Mario Häring und Klarinettist Pablo Barragán lassen sich beim Spielen intensiv aufeinander ein. (Foto: Günther Reger)

Pablo Barragán und Mario Häring überzeugen mit einem Programm von lyrischen Stücken französischer Komponisten

Von Klaus Mohr, Germering

Betrachtet man die Klassik-Reihe Germering, dann stellt man fest, dass die Klarinette hier eine bevorzugte Rolle einnimmt: Mehrmals schon, zuletzt im Dezember 2018, konzertierte zum Beispiel Sabine Meyer mit ihrem Ensemble im Orlandosaal, im Mai 2018 waren die beiden Brüder Andreas und Daniel Ottensamer hier zu hören. Am vergangenen Freitag gastierte der spanische Klarinettist Pablo Barragán mit seinem Klavierpartner Mario Häring dort.

Die Attraktivität dieses Holzblasinstruments geht zunächst sicher auf seine Klangeigenschaften zurück. Der anschmiegsam-weiche Grundton der Mittellage kann im hohen Register auch grell-scharf und in der Tiefe hohl und dämonisch klingen. Das muss aber nicht so sein, was die Wandlungsfähigkeit des Ausdrucks bei der Klarinette immens weitet. Grundsätzlich ist zudem zu beobachten, dass die Akustik des Orlandosaals gerade für Blasinstrumente besonders gut geeignet ist.

Pablo Barragán und Mario Häring sind beide Anfang 30 und dabei, sich eine internationale Karriere aufzubauen. In Germering überzeugten sie mit ihrem Programm "French Lyricism", das sich an Musik um den kulturellen Mittelpunkt Paris in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts orientierte. Den beiden Künstlern gelang es, sich aufeinander so intensiv einzulassen, dass sie die "Seele" der Werke ihres Programms hörbar werden ließen.

Es wurde eröffnet mit der Première Rhapsodie für Klarinette und Klavier von Claude Debussy. Das Stück begann in beiden Instrumenten wie aus dem Nichts, quasi auf der Suche nach einem Thema. Daraus schälte sich eine klangvolle Linie der Klarinette heraus, die in der Stringenz der Linienführung immer mehr an Spannung gewann. Das Klavier übernahm die Stütze dieser Melodie und tat dies so zart, dass der Eindruck von Musik wie auf einer Wolke entstand. Am Ende steigerte sich die Leidenschaft bis zur plötzlich endenden Ekstase.

Die im Todesjahr von Camille Saint-Saëns, 1921, entstandene Sonate für Klarinette und Klavier op. 167 folgte als nächstes Werk. Sie huldigte ganz und gar einem zu dieser Zeit bereits epigonalen romantischen Klanggestus, ja, man hatte fast den Eindruck, dass der Komponist hier bereits alle Schwere des Alltags hinter sich gelassen hatte. Insofern beherrschte purer Schönklang alle vier Sätze, so dass die Registerunterschiede der Klarinette fast unhörbar blieben. Die Kantilenen des Allegretto waren von der Atemführung des Klarinettisten bestimmt, der sich der Pianist wunderbar anschloss.

Wie ein Rückgriff auf klassische Klangmuster im Hinblick auf Gliederung und Transparenz mutete das Allegro animato an, dessen differenzierte dynamische Verläufe dann auch kleine romantische Anleihen aufwiesen. Bedeutungsschwer kombiniert waren im Lento das tiefe Register der Klarinette mit kraftvollen Akkordarpeggien im Klavier. Das Molto Allegro geriet zum typischen Finalsatz, weil souverän gemeisterte Virtuosität und thematische Rückgriffe wie eine Abrundung wirkten.

Die Sonate für Klarinette und Klavierhat Francis Poulenc 1962 komponiert, sie war damit das zuletzt entstandene Werk des Programms. Das abschließende Allegro con fuoco entpuppte sich als spielfreudiger Satz mit großem Optimismus, dessen tonliche Lichtpunkte sich zu Girlanden reihten und dabei große Leucht- und Strahlkraft entwickelten.

Die nach der Pause zu hörende Sonate op. 94a von Sergej Prokofjew kennt man in Fassungen für Violine oder Flöte und Klavier. Aber auch die Version für Klarinette und Klavier konnte überzeugen, wobei der Klarinettenton sehr direkt beim Hörer ankam. Am Ende gaben die Musiker eine Debussy-Zugabe.

© SZ vom 11.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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