Kfz-Zulassungsstelle:Dicke Luft im Großraumbüro

Lesezeit: 4 min

Kunden und Personal treffen in der Kfz-Zulassungsstelle auf engstem Raum aufeinander. Der Geräuschpegel ist hoch, Diskretion kaum möglich. Nun sucht der Landkreis nach einem Ausweg

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Dienstagmorgen, zehn Minuten nach halb acht: Die ersten Kunden sitzen schon und warten. Auf den Monitoren über den insgesamt 14 Schaltern in der Kfz-Zulassungsstelle blinkt schon die erste Nummer: der Nächste bitte! Die Nummer steht auf und begibt sich an den Schalter. 300 Menschen kommen im Durchschnitt täglich in die Zulassungsstelle im Fürstenfeldbrucker Gewerbegebiet Hasenheide, um ihr Auto an-, ab- oder umzumelden, um neue Kennzeichen zu beantragen, um Halter- oder Fahrzeugdaten zu ändern, um den Verlust von Fahrzeugpapieren zu melden. Dabei stoßen die Räumlichkeiten immer mehr an ihre Grenzen. Am Dienstag besichtigte die mit Fachleuten aus dem Landratsamt und Kreisräten besetzte Baukommission das Gebäude am Rudolf-Diesel-Ring, um ein Urteil darüber abgeben zu können, ob die Zulassungsstelle an ihrem Standort erweitert werden könnte oder ob sie eine eigene Außenstelle in Germering bekommen soll.

Der vor 31 Jahren fertig gestellte niedrige Bau mit dem markanten Dachoberlicht, in dem auch die Fahrerlaubnisbehörde untergebracht ist, entspricht nicht mehr heutigen Anforderungen - weder für die Kunden noch für das dort tätige Verwaltungspersonal. Zwar wurden in den vergangenen Jahren immer wieder bauliche Optimierungsversuche unternommen, am Kernproblem freilich änderte sich nichts: der Tatsache, dass es sich um ein Großraumbüro mit Schalterdienst handelt.

In der Fürstenfeldbrucker Zulassungsstelle empfinden die Kunden die Wartesituation als unangenehm. Das Personal wiederum klagt über Lärm und schlechte Luft. Die Mitarbeiter leiden oft unter Kopfschmerzen, Erkältungen und Erschöpfung. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Eine Kundenbefragung in diesem Jahr hatte herausgefunden, dass die Besucher vor allem "die Wartesituation als unbequem und unangenehm" empfinden, gesteht die Kreisverwaltung den Kreisräten in den Informationsunterlagen zum Thema. Im vergangenen Jahr, zum 30-jährigen Bestehen der Zulassungsstelle, waren die Besucher ebenfalls befragt worden. Damals hatte sich die Behörde in einer Pressemitteilung noch "erfreut über das von den Mitbürgerinnen und Mitbürgern mit der Note 2 + durchweg positiv beurteilte Ergebnis" gezeigt. Von Kritik war nicht die Rede gewesen. Nun heißt es, die Kunden beklagten schlechte Luft und die klimatischen Verhältnisse in dem Gebäude. Außerdem seien sie der Witterung ausgesetzt, wenn sie vor den Öffnungszeiten vor dem Gebäude warten müssten.

Größtes Problem ist offenbar, dass es sich bei der Zulassungs- und Fahrerlaubnisbehörde um einen einzigen großen Raum handelt. Auch für die 41 Voll- und Teilzeitkräfte, die dort Dienst tun, seien die klimatischen Bedingungen und die Luftqualität seit Jahren ein Problem, fasst die Verwaltung zusammen. Vor allem seien die Mitarbeiter einem ständigen Geräuschpegel und andauerndem Blickkontakt mit den mitten im Arbeitsbereich wartenden Kunden - bis hin zu "ausfallend lärmenden Erwachsenen und spielenden Kindern" - ausgesetzt. Auch sind die Schalterarbeitsplätze im 90-Grad-Winkel zum vor dem Schalter stehenden Kunden angeordnet, ergonomisches Arbeiten ist damit nicht möglich. In der Folge litten die Mitarbeiter unter Kopfschmerzen, Verspannungen, Erkältungskrankheiten, vorzeitiger Erschöpfung und fallen deshalb häufig aus. Als ähnlich belastend erleben auch die Mitarbeiter der Fahrerlaubnisbehörde ihre Schalterarbeitsplätze.

Was vor 31 Jahren als modern galt, ist inzwischen nicht mehr zeitgemäß. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Beide Bereiche waren in den vergangenen Jahren bereits auf Anraten des Kommunalen Prüfungsverbandes umgebaut und optimiert worden. Der Warteraum war umgestaltet worden, hinter den Schaltern der Zulassungsstelle wurden Schulungs- und Besprechungsraum eingerichtet. Auch die Führerscheinstelle wurde 2014 renoviert, im rückwärtigen Bereich mit mehreren Zweierbüros ausgestattet und mit einer eigenen Servicestunde mit Landrat Thomas Karmasin (CSU) medienwirksam präsentiert. Die Maßnahmen sollten auch für mehr Diskretion sorgen. Denn wegen der Nähe zu den Wartenden, die sich in der Mitte des Aula-ähnlichen Raumes aufhalten, ist auch der Datenschutz für Besucher von Zulassungs- und Führerscheinstelle nicht gewährleistet.

"Es sind schwierige Zustände dort", sagte deshalb SPD-Kreisrat Peter Falk in der jüngsten Sitzung des Kreisausschusses. In einem Antrag nennen die Sozialdemokraten die Situation dort "beengt, überlastet, nicht mehr zeitgemäß". Es müsse deshalb dringend der Finanzbedarf für Alternativen ermittelt werden, so Falk. Dabei hatten sich einige Abläufe in den vergangenen Jahren durchaus verbessert. Im Durchschnitt mussten Kunden, die ihr Fahrzeug zulassen oder ummelden wollten, vor dem Jahr 2015 durchschnittlich mehrere Stunden Wartezeit in Kauf nehmen, gesteht auch die Kreisverwaltung. Mittlerweile seien es nur noch 20 Minuten bei spontanen Besuchen und nur zwei Minuten bei Kunden, die zuvor einen Termin ausgemacht hätten. Auch können mittlerweile Zulassungsvorgänge für den Landkreis Fürstenfeldbruck auch in den Landratsämtern von München und Starnberg erledigt werden.

Auf einem Bildschirm wird den Wartenden der für sie vorgesehene Schalter angezeigt. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Mitarbeiter hoffen nun, dass der Wartebereich für die Kunden in Zukunft von den Schalterarbeitsplätzen getrennt wird. Eine zentral gelegene Infotheke, wie es sie auch im Bürgerservicezentrum im Landratsamt gibt, könnte dabei helfen. Dort könnten dann Kleinigkeiten ohne nennenswerte Wartezeit sofort erledigt oder eine Vorprüfung der Unterlagen vorgenommen werden. Auch könnte man die Kundenströme besser lenken, indem Wartenummern persönlich ausgehändigt und nicht am Automaten gezogen werden, wo sie häufig als Leernummern eine spürbare Verzögerung im Parteiverkehr zur Folge hätten, schreibt die Verwaltung.

Die mittlerweile bestehende Möglichkeit von Online-Zulassungsvorgängen wird indes wenig genutzt. Hauptgrund ist der Zulassungsstelle zufolge, dass die Bürger die Online-Funktion auf ihren Personalausweisen nicht verwenden wollten und zudem ein entsprechendes Lesegerät bräuchten. Eine weitere Erfahrung der Behördenmitarbeiter ist, dass viele Privatkunden bei Online-Angeboten schnell an ihren Grenzen stoßen würden. Dass die Bürger ihre Gewohnheiten demnächst ändern würden, davon geht man in der Kreisbehörde nicht aus. Außerdem seien Online-Zulassungen vor allem bei den zahlreicher werdenden Importen von Gebrauchtwagen "nach derzeitigem Stand nicht denkbar". Die CSU-Fraktion im Kreistag möchte dennoch, dass der Service durch weitere Online-Angebote erweitert und bei den Bürgern gezielt für die Inanspruchnahme des elektronischen Behördengangs geworben wird. Dies hat sie in einem eigenen Antrag formuliert, der den SPD-Antrag ergänzen soll.

Die Sozialdemokraten hatten gefordert, dass der Landkreis zur Entlastung der Zulassungsstelle eine Dependance in Germering einrichten soll. Schon zweimal, in den Jahren 2000 und 2002, hatte sich die Stadt Germering mit der Frage befasst, ob sie die Aufgaben einer Zulassungsbehörde mitübernehmen möchte - dies aber abgelehnt. Auch 2008 war eine Germeringer Außenstelle von FDP-Kreisrat Ulrich Bode ins Gespräch gebracht, aber aus Kostengründen verworfen worden.

© SZ vom 08.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: