Kabarett in Puchheim:Lange Rede ohne Sinn

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Der Kabarettist Rolf Miller hat von nichts eine Ahnung, aber zu allem eine Meinung. Sehr zum Spaß des Puchheimer Publikums.

Sabrina John

Man kennt sie ja, diese Typen, die reden ohne Punkt und Komma, ohne jeden Inhalt und einfach nur, weil sie sich selbst gern zuhören. Normalerweise ist man bemüht, solchen Dummschwätzern aus dem Weg zu gehen. Oder man besorgt sich ein Ticket für Rolf Millers Bühnenprogramm "Tatsachen", das die Möglichkeit bietet, herzhaft und hämisch über die inhaltsleeren Ausführungen des 44-jährigen Kabarettisten zu lachen.

Im Puchheimer Kulturzentrum gab Miller für zwei Stunden den nervigen Typ, der von nichts eine Ahnung, aber zu allem eine Meinung hat. Das Publikum im voll besetzten Bela-Bartok-Saal wusste offenbar zum großen Teil bereits, worauf es sich einlässt, denn als der aus dem baden-württembergischen Walldürn stammende Künstler die Bühne betrat, erfüllte sofort Gelächter den Saal.

Miller nimmt lässig auf seinem Stuhl Platz, eine Wasserflasche in der Hand, und beginnt ohne Umschweife: "Und deswegen hab' ich ja zum Jürgen gesagt..." Sofort hat man das Gefühl, zu später Stunde in einer Kneipe einem wenig gebildeten Betrunkenen mit breitem südrheinfränkischen Dialekt gegenüberzusitzen. Zudem ist der Kerl auch noch äußerst mitteilsam und so bleibt einem nichts anderes übrig, als ihm zuzuhören. Miller erzählt, philosophiert und gibt seine höchst subjektive Sicht der Dinge zum Besten. Zum Beispiel über seine Freunde Jürgen und Achim, deren Verkehrsunfälle und Beziehungsgeschichten, wobei er zu scheinbar tiefsinnigen Erkenntnissen gelangt, wie etwa "Eine Frau, wo schweigt, die sollte man nicht unterbrechen".

Doch sein Monolog dreht sich nicht nur um private Belange. Die Ereignisse des vergangenen Jahres lässt Miller Revue passieren, bezeichnet Gaddafi als "Zipfelg'sicht", Philipp Rösler als "erschte Ratte, wo I kenn, wo zum sinkenden Schiff hinschwimmt" und stellt fest, dass nach der Katastrophe "in dem Japan plötzlich alle gegen ... äh Erdbeben sind". Ganz nach dem Motto "Wenn blöd, dann g'scheid" bringt er kaum vollständige Sätze zustande, schweift ab, wechselt das Thema, findet nie die richtigen Worte.

Redewendungen formuliert er stets falsch: "Sie hat ihm's Brustmesser auf's ... Ding". Überhaupt endet jeder zweite Satz mit "Ding", da ihm das passende Verb gerade nicht einfallen will. Er versucht einen Witz zu erzählen, beginnt falsch, bricht ab, greift das Thema eine halbe Stunde später wieder auf und erkennt, dass er die Pointe vergessen hat.

Erst vor kurzem wurde Miller mit dem Deutschen Kabarettpreis des Nürnberger Burgtheaters ausgezeichnet. Vor 18 Jahren kam für den studierten Verwaltungswissenschaftler der Durchbruch, als er das Passauer Scharfrichter Beil sowie den Kleinkunstpreis Baden-Württemberg gewann. Nachdem er 2003 seinen ersten Tonträger "Der Spaß ist voll" veröffentlicht hatte, trat Miller ein Jahr später erfolgreich in verschiedenen Comedy-Sendungen im Fernsehen auf. Mit seinem aktuellen Programm "Tatsachen" ist er seit Oktober 2009 unterwegs.

Das Publikum ergötzt sich an den einfältigen Äußerungen, an den oft politisch unkorrekten Begriffen, der Art, wie Miller sich locker zurücklehnt, während er breitbeinig auf seinem Stuhl sitzt. Unmöglich, würde man denken, wenn man ihm nun wirklich in einer Bar gegenübersäße. Aber auf der Bühne gefällt's, denn nachdem das Programm genauso abrupt endet, wie es begonnen hat, verabschieden ihn die Zuschauer mit viel Applaus. Einen abschließenden Kommentar hat Miller noch zu seinem Auftritt: "Wenn du jetzt denkst, du hasch's nicht verstanden, dann hasch du's kapiert".

© SZ vom 28.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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