Jubiläum:Warme Mahlzeit, warme Worte

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Brigitte Schramm fährt jeden Tag warme Mahlzeiten zu jenen Germeringern aus, die selbst nicht mehr kochen können. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Seit 15 Jahren bringt "Essen auf Rädern" in Germering Mittagsmahlzeiten zu älteren Menschen. Lieferanten wie Brigitte Schramm sind häufig auch wichtige Bezugspersonen und helfen in Notfällen

Von Svenja König, Germering

Jeden Morgen um 10 Uhr starten aus der Zentrale an der Goethestraße die Fahrer des Menü-Services "Essen auf Rädern" ihre Tour durch ganz Germering. Bei jeder Jahreszeit, bei jeder Temperatur kommt warmes Essen auf den Mittagstisch, und das nun bereits seit 15 Jahren. "Insgesamt macht das 20 000 Mahlzeiten im Jahr aus", berichtet Karin Korten, Leiterin des Lieferservices. Zur Feier dieses Jubiläums lädt der Sozialdienst am Donnerstag, 14. April, von 11 Uhr an in das Gemeinschaftszentrum des Betreuten Wohnens ein.

Für viele wird mit dem Alter oder auch nur bei einem gebrochenen Bein das Zubereiten einer warmen Mahlzeiten zu einer großen Hürde. Neben einem täglich frisch gekochten Mittagessen vom Wirtshaus Burkart gibt es das "Hofmann-Menü". Bei diesem kann jeden Tag zwischen drei Essensvorschlägen gewählt werden. An diesem Tag stehen Schweinsbraten, Blumenkohl und Milchreis auf der Speisekarte. Nicht immer schmeckt jedem das, was aus der Wärmebox kommt. Vor allem über frisches Obst oder Gemüse würde er sich manchmal freuen, merkt ein allein stehender Kunde, dessen Frau vor Kurzem verstorben ist, bei der Essenstour an. Seit ungefähr einem Jahr wird er bereits beliefert. Wie er sind viele auf den Lieferservice angewiesen. "Die Einrichtung ist für viele Menschen sehr wichtig", bestätigt er. Ungefähr 100 Kunden aus Germering nehmen das Angebot des Sozialdiensts entgegen, 25 Prozent werden sogar täglich beliefert.

"Mit der Zeit kennt man seine Leute", erzählt Brigitte Schramm. Seit vier Jahren fährt sie nun schon Essen für den Sozialdienst aus. Parallel arbeitet die 58-Jährige in Teilzeit bei der Sparkasse. Auf der Suche nach einem Nebenjob stieß sie durch Zufall auf eine Anzeige des Sozialdiensts. An einem Donnerstag rief sie an, und schon am darauf folgenden Sonntag fuhr sie bei der ersten Essenstour mit.

20 bis 25 Personen stehen jeden Tag auf Schramms Liste, die immer wieder vom Armaturenbrett gezückt wird, um die Essenwünsche der Kunden zu überprüfen. Insgesamt liefern für den Sozialdienst zehn Fahrer das "Essen auf Rädern" aus. Viele von ihnen sind bereits selbst pensioniert und bessern sich mit den Fahrten ihre Rente auf. Der älteste unter ihnen sei bereits 80 Jahre alt, bestätigt Schramm.

Zweimal an der Tür klingeln heißt, dass das Mittagessen da ist. Bei manchen wird die Wärmebox nur auf die Fußmatte gestellt, andere erwarten die Lieferanten in der Küche, da der Weg zur Tür manchmal auch mit Rollator zu weit sein kann. Wiederum andere bekommen ihr Essen sogar durchs Fenster gereicht, wie eine 86-jährige Kundin, die aufgrund ihrer Gicht schon seit mehr als vier Jahren zu den Stammkunden gehört. "Geliefert wird so wie es am bequemsten für die Kunden ist", stellt Schramm fest. Schwierig wird es aber, wenn niemand an die Tür geht. Manche würden einfach vergessen, Bescheid zu geben, wenn sie einen Arzttermin hätten. Vor wenigen Tagen musste die Essenslieferantin jedoch für eine ältere Dame den Notarzt rufen, da diese auf dem Weg zur Wohnungstür hingefallen war und sich dabei verletzt hatte.

Jede Woche ändert sich Schramms Tour. Manche Kunden ziehen ins Seniorenheim, Todesfälle sind keine Ausnahme. Selbst nach vier Jahren ist das nicht leicht, dennoch gehört es zum Alltag ihres Berufs dazu: "Das ist unser täglich' Brot." Es kommen aber auch neue Kunden hinzu. Auch bei dieser Tour sieht Schramm einige neue Namen auf ihrer Liste. Sich einzugestehen, nicht mehr selbst kochen zu können, sei für viele Menschen ein enormer Schritt, erklärt Karin Korten. Auf ihrer Tour durch Germering kann sich Brigitte Schramm für ihre Kunden auch mal ein paar Minuten Zeit nehmen, um mit ihnen zu reden, denn Gesellschaft sei ebenso wichtig wie eine warme Mahlzeit.

© SZ vom 14.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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