Gibt es einen Sportverein im Landkreis, der in 70 Jahren nur zwei Vorsitzende hatte und immer noch hat? Es gibt ihn: den Boxclub Piccolo Fürstenfeldbruck. Der Verein war einst mit Unterstützung der US-Truppen im Fliegerhorst gegründet worden, die Ende 1945 ein Programm "German Youth Activities" initiierten. Am Fliegerhorst und in der Jahnhalle trainierten damals Amerikaner und Boxer Jugendliche. Der kleine Kreis der Faustkämpfer firmierte unter "Piccolo Boys". Damit war 1947 der Vereinsname vorgegeben. Am Samstagvormittag veranstaltet der Boxclub im Volksfestzelt den Brucker Challenge-Cup und einige Restkämpfe der Oberbayerischen Meisterschaften.
Gründungsvorsitzender der Piccolos war Jakob Scharlach. Der Brucker Bäckermeister leitete den Verein bis 1972. Von ihm übernahm Manfred Kaltenhäuser das Amt. Er wurde nicht ins kalte Wasser geworfen, hatte er doch schon zehn Jahre lang zuvor im Vorstand als Geschäfts- und Schriftführer amtiert. Der Brucker Boxchef ist mit annähernd 77 Jahren quirlig wie eh und je. Kaltenhäuser steht, was den Sport betrifft, mit Wolfgang Schwamberger ein langjähriger Box-Enthusiast zur Seite. Schwamberger ist Boxtrainer und Jugendwart bei Piccolo - und das schon seit 1957. Obwohl schon 86 Jahre alt, hat er immer noch einen besonderen Draht zu Kindern und Jugendlichen. Wunderbar zu beobachten ist das regelmäßig dienstags, wenn er in der Brucker Schule-Nord das Training leitet.
Kaltenhäuser und Schwamberger halten den Boxsport in Fürstenfeldbruck seit Jahrzehnten am Laufen. Schwamberger, einst Postbote in Fürstenfeldbruck, warb den damals 22-jährigen Bankkaufmann Kaltenhäuser 1962 für den Piccolo-Vorstand an. Zuvor hatte Kaltenhäuser in seiner Heimatstadt Göppingen mit 14 Jahren einige Boxkämpfe bestritten. "Als Funktionär habe ich mich schon immer wohler gefühlt", sagt er nun. Schon als Jugendlicher hatte er die Boxsportzeitung abonniert. Unterstützt werden Kaltenhäuser und Schwamberger von Piccolo-Geschäftsführer Franz Josef Santl und den Trainern Katinka Semrau und Thomas Köhle.
Ein Nachwuchsproblem hat der Verein nicht. Der betreibt seit vielen Jahren vorbildliche Integration von Migrantenkindern; zuletzt auch von jugendlichen Flüchtlingen. Besonders schwärmt Kaltenhäuser von Youssuf Arabzadah, einem 18-jährigen Afghanen, der bereits oberbayerischer Meister ist und auch am Samstag bei der Challenge antritt. Cheftrainer Schwamberger ist ständig mit den Jugendlichen zusammen und für diese so etwas wie eine Vaterfigur. Und im besten Sinne auch Sozialarbeiter, wenn die Heranwachsenden persönliche Probleme zu bewältigen haben. Schwamberger war schon mal bayerischer Verbandstrainer gewesen und betreute in dieser Zeit den späteren Weltmeister Arthur Abraham als jugendlichen Boxer bei Deutschen Meisterschaften.
Mit dem Termin am Samstagvormittag ist Kaltenhäuser nicht ganz glücklich. Am liebsten wäre ihm der Samstagabend oder Sonntagvormittag gewesen, doch diese Zeltzeiten bekam er nicht. "Wir hätten auch gerne einen Vereins-Vergleichskampf veranstaltet", sagt der Piccolo-Chef. Trotzdem werde auch dieser Kampftag ansehnliches Boxen bringen. Mehr als 15 Kämpfe werden geboten. Franz-Josef Santl lotste auch Kämpfer aus Regensburg, Augsburg und Landau an der Isar nach Fürstenfeldbruck. Die Piccolo-Boxerin Jana Mehringer kämpft um die oberbayerische Meisterschaft.
70 Jahre Boxclub Piccolo mit 1. Challenge-Cup 2017 (Männer und Jugend), Oberbayern-Finale (Frauen und Junioren), Samstag, 6. April, von 11 Uhr an, Bierzelt auf dem Brucker Volksfestplatz, freier Eintritt.