Jahresrückblick 2021:Ein weiteres Jahr systemrelevant

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Die Kultur hat auch 2021 gezeigt, dass sie weit mehr ist als bloße Unterhaltung. Und dass sie trotz aller Planungsunsicherheiten und einer gewissen Vernachlässigung durch die Politik Wege findet, mit den Menschen zusammenzukommen

Von Florian J. Haamann

Künstler und Kulturveranstalter haben in diesem Jahr nicht nur bewiesen, dass sie und ihre Arbeit systemrelevant sind, sondern auch, dass sie trotz einer gewissen Vernachlässigung durch die Politik kreative Wegen finden können, um weiterhin für die Menschen da sein zu können. So sind nicht nur viele digitale Formate entstanden, sondern auch eine ganze Menge spannende analoge Veranstaltungen, die den Pandemiealltag ein wenig aufgehellt und den vielen Kulturinteressierten ein Stück Normalität geboten haben.

Ausstellungen

Die Ausstellung "Licht" konnte man im Museum Fürstenfeldbruck besuchen. (Foto: Leonhard Simon)

Trotz der sich immer wieder ändernden Zugangsbeschränkungen, Lockdowns, Abstands-, Masken- und Impfstatus-Regeln haben die großen Ausstellungshäuser in diesem Jahr eine ganze Reihe bemerkenswerter und erinnerungswürdiger Ausstellungen gezeigt. Am Jexhof etwa wurde im März die Eiszeiten-Ausstellung eröffnet, in der es auch um die geologische Entstehung des Landkreises ging und in der es interessante Exponate, etwa ein junges Mammut, zu sehen gab. Highlight war sicherlicher die anschließende Ausstellung zum Thema Kinos, in der es nicht nur um die vielen Lichtspielhäuser ging, sondern auch um Schauspielerinnen und Schauspieler und Filmschaffende aus dem Landkreis. Ein wichtiges Thema greift der Jexhof nun mit seiner aktuell laufenden Ausstellung zum jüdischen Leben im Landkreis auf. Das Museum Fürstenfeldbruck hat nicht nur der Bedeutung der Kreisstadt bei der Elektrifizierung Deutschlands eine Ausstellung gewidmet, sondern auch dem langen Kampf junger Frauen für ihr Recht, an der Kunstakademie in München studieren zu dürfen. Aktuell ist dort die Vielfalt der romantischen Malerei zu sehen, unter anderem von Künstlern wie Caspar David Friedrich.

Jubiläen

Mit dem Museum Fürstenfeldbruck und dem benachbarten Haus 10 haben in diesem Jahr zwei Institutionen ihren 30. Geburtstag gefeiert, die aus dem kulturellen Leben des Landkreises nicht wegzudenken sind und die großen Verdienst daran haben, dass Fürstenfeldbruck überregional als spannender Kulturstandort gilt. Die Feier des Haus 10 im Juni konnte sogar vor größerem Publikum stattfinden, es war eine der ersten größeren Präsenzveranstaltungen nach dem Lockdown. Dass Museum dagegen musste im September schon wieder in kleinerem Kreis feiern

Kunst und Kulturpreise

Der für bildende Künstler wohl wichtigste Preis ist der Kunstpreis des Landkreises. Und unterschiedlicher als die beiden Preisträger 2021 hätte sich die Jury nicht entscheiden können. Mit dem Hauptpreis ausgezeichnet worden ist im Oktober Wolfgang Ellenrieder, Professor für Malerei an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig, den Förderpreis bekam der 18-jährige Student Nikos Georgias, der sich erstmals überhaupt mit seinen Arbeiten in der Öffentlichkeit präsentiert. Einen Förderpreis hat auch die Kulturstiftung Derriks im November verliehen, an das Künstlerduo Anne Pfeifer und Bernhard Kreutzer, deren spannende, kinetische Arbeiten im Kunsthaus zu sehen waren. Einen Wettbewerb zum Thema Emergenz hatte der Förderverein für kulturelle Bildung in Eichenau ausgelobt, als Preisträger ausgezeichnet wurden im November Korvin Reich, Hermine Heinrich und Jeannine Jirak. Zwar nicht aktuell verliehen worden ist der Kunstpreis des Landkreises für das Jahr 2019. Dennoch sind die Arbeiten der drei Gewinner, Peter Weber, Veronika Dräxler und Michael Köhle erst im November dieses Jahres in einer großen Ausstellung im Haus 10 gezeigt worden. Und schließlich konnte im November auch der Kabarettwettbewerb "Paulaner Solo+" im Veranstaltungsforum mit dem Finale beendet werden, bei dem sich Stefan Waghubinger durchgesetzt hat.

Bühnen

Max Uthoff bei seinem Auftitt im Stockwerk. (Foto: Leonhard Simon)

Die Theater im Landkreis haben sich in diesem Jahr mit Inszenierungen schwer getan, die fehlende Planungssicherheit hat es quasi unmöglich gemacht, aufwendige Inszenierungen zu planen, zu proben und dann auch noch zu präsentieren. Erst im Herbst hat die Neue Bühne Bruck sich mit einer szenischen Lesung über Fanny zu Reventlow und Lena Christ zurückgemeldet, Mitte November folgte dann mit "Der stumme Diener" die erste Vollinszenierung 2021. Bereits Anfang November hat das Theater im Rossstall mit "Umkehr-Horizont" ein selbstgeschriebenes Stück über die Pandemie auf die Bühne gebracht. Mit dem Kinderstück "Ein Schaf fürs Leben" hat die Neue Bühne dann Anfang Dezember noch eine zweite und abschließende Inszenierung aufgeführt. Einen anderen Weg hat das Nachwuchsensemble des Theater 4 gewählt und mit "Cement of the Universe" seinen ersten Kinofilm gedreht, der im November im Brucker Lichtspielhaus zu sehen war.

Open-Air-Sommer

Die Unsicherheit bei den Indoor-Veranstaltungen hat in diesem Jahr, wie schon 2020, dafür gesorgt, dass sich viele Organisatoren dazu entschieden haben, der Kultur eine Bühne unter freiem Himmel zu bieten. So haben im Veranstaltungsforum Fürstenfeld unter dem Titel "All you need is live" mehrere Veranstaltungen auf einer Bühne im Stadtsaalhof stattgefunden, von einem bayerischen Popmusikabend bis hin zu Kabarett. Ähnlich war es im Stockwerk Gröbenzell, in dem der "Stockwerk Sommer" ebenfalls hochkarätige Künstler zahlreiche Besucher auf die Freiluftbühne auf dem Parkplatz neben dem Stockwerk gelockt haben. Und dann war da noch das Autokino auf dem Brucker Volksfestplatz, das nicht nur für nostalgische Film-Momente gesorgt hat, sondern auch dafür, dass die Menschen trotz der damals auflagenbedingt nötigen Schließung der stationären Kinos weiterhin Filme sehen konnten.

Autokino war 2021 ein beliebtes Kulturprogramm. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Veranstaltungshäuser

Ein besonderes Auf und Ab war das Kulturjahr für die großen Veranstaltungshäuser im Landkreis, Veranstaltungsforum Fürstenfeld, Stadthalle Germering, Puchheimer Kulturzentrum und Stockwerk Gröbenzell. Immer wieder mussten sie Veranstaltungen wegen kurzfristig geänderter Regeln verschieben oder absagen. Mittlerweile gibt es einzelne Termine, die seit Anfang 2020 vier oder fünf Mal neu angesetzt worden sind und immer noch nicht stattgefunden haben. Die bisher letzte Verschärfung der Maßnahmen hat dazu geführt, dass ein Großteil der Dezembertermine und damit auch das Weihnachtsprogramm bereits auf Dezember 2022 verschoben worden sind, andere Termine sind gleich auf 2023 verlegt worden. Für die Mitarbeiter bedeutet das nicht nur einen großen zusätzlichen Planungs- und Koordinationsaufwand. Auf der anderen Seite bedeutet jede verlegte Veranstaltung und jede Änderung der Zugangsbestimmungen eine Menge Kommunikation mit verunsicherten Kunden. Vor allem die fehlende Planungssicherheit hat vielen Verantwortlichen auch 2021 die Arbeit schwer gemacht. Resigniert gibt man bei den großen Häusern angesichts der Lage freilich nicht, es herrscht eher eine gewisse Schicksalsergebenheit, eine bayerisch-pragmatische Gelassenheit, die Dinge so zu akzeptieren wie sie kommen, und dann eben das beste daraus zu machen. Und die große Hoffnung, dass es 2022 wieder irgendwie besser wird. Zumindest ein bisschen.

© SZ vom 30.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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