Interview mit Eckhard Schafferus:"Die Unterstützung für den Sport wird weniger"

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Die Sportler stehen im Rampenlicht. Doch ohne Funktionäre wie den BLSV-Kreisvorsitzenden Eckhard Schafferus geht nichts. Er hat sich 40 Jahre für die Belange der Vereine eingesetzt.

Heike A.Batzer

Eckhard Schafferus, 71, ist seit 40 Jahren Sportfunktionär: 20 Jahre beim FC Puchheim, zwischen 1975 und 1991 als Vorsitzender und 1999 noch einmal für ein schwieriges Jahr nach der Insolvenz des Vereins. Und dann 20 Jahre beim Bayerischen Landes-Sportverband (BLSV), seit 1995 als dessen Kreisvorsitzender. Jetzt hört er auf. An diesem Freitag wird beim Kreistag in Mammendorf sein Nachfolger gewählt. Überraschenderweise gibt es gleich zwei Kandidaten: seinen Stellvertreter Volker Black sowie Steffen Enzmann, ehemaliger Vorsitzender des FC Puchheim.

Herr Schafferus, hat der Sport im Landkreis eine Lobby?

Wenig. Am meisten noch die Fußballclubs, obwohl die nicht mal höherklassig spielen. Im Allgemeinen ist die Unterstützung für den Sport zurückgegangen. Auch die Bandenwerbung wird immer weniger. Das liegt zum Teil auch an den Funktionären, die sich wenig darum kümmern. Das beste Beispiel bin ich selber. In den letzten zwei Jahren habe ich mächtig zurückgesteckt.

Sie waren ja lange genug im Geschäft, 20 Jahre lang BLSV-Kreisvorsitzender. Was haben Sie in dieser Zeit für die Vereine getan?

Die meiste Arbeit machen die Bauanträge. In meiner Amtszeit waren das etwa 70 Anträge für Bau und Renovierungen von Sportstätten im Landkreis. Der Freistaat zahlt über den BLSV ein Drittel der zuschussfähigen Kosten als Zuschuss, davon wiederum sind zwei Drittel echter Zuschuss und ein Drittel Darlehen. Der BLSV muss das mit den Vereinen verhandeln und die Bauanträge prüfen. Ansonsten machen wir jährlich ein paar Veranstaltungen zu Themen, die alle Vereine angehen, wie Steuern oder Aufsichtspflicht. Da müssen wir viele Ängste abbauen. Einmal im Jahr gibt es einen Übungsleiterlehrgang und 2001 haben wir die Aktion "Siggi - Sport integriert - gemeinsam gegen Gewalt und Intoleranz" durchgeführt.

Wissen die Vereine um die Hilfen, die der BLSV anbietet?

Dem BLSV geht es hier wie dem DOSB (Deutscher Olympischer Sportbund, Anm. d. Red.), den kennt auch keiner. Die Vereine kennen eher ihre Fachverbände und ärgern sich oft nur, dass sie auch Beiträge an den BLSV bezahlen müssen. Dabei habe ich bei sechs, sieben Vereinen mitgewirkt, überhaupt einen neuen Vorstand zu finden. Im zweiten Anlauf hat es dann jedes Mal geklappt. Aber vorher musste ich den Mitgliedern erklären, dass, wenn sich kein Vorstand findet, der Verein vom Gericht einen Aufpasser vorgesetzt bekommt, der die Aufgabe hat, den Verein aufzulösen. Das hilft. In einem anderen Verein wollten die Alten keine Beitragserhöhung. Dann habe ich ihnen erklärt, dass man, um einen Zuschuss für ein Bauvorhaben zu bekommen, einen Mindestbeitrag braucht. Dann gab es für die Beitragserhöhung plötzlich keine Gegenstimme mehr. Da muss man eben auch mal gut zureden oder schlichten.

Haben Sie mal ausgerechnet, wie viel Zeit sie in den 40 Jahren für die Funktionärstätigkeit aufgewendet haben?

Pro Woche waren das mindestens 20 Stunden. Um die Jahrtausendwende haben wir als einziger BLSV-Kreis in Bayern Vereinsberatung gemacht. 132 Mal bin ich dafür bei den Vereinen abends unterwegs gewesen. Das war schon anstrengend.

Tun denn die Kommunen genügend für den Sport?

Teilweise schon. Einige machen das ganz hervorragend wie Puchheim, Germering, Gröbenzell. Die nehmen zum Beispiel keine Hallenbenutzungsgebühren. Aber es fehlen überall Hallenkapazitäten. Die reichen in keiner Gemeinde aus.

Welche Bereiche bereiten dem Sport denn noch Sorgen?

Die 132 Vereine im Landkreis machen ja Vieles, trotzdem sind die Mitgliederzahlen in den letzten Jahren zurückgegangen. Derzeit sind es rund 62 000 im Landkreis, es waren aber schon mal 70 000. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass die Fitnesscenter viel abschöpfen. Und die Volkshochschulen zahlen mehr und nehmen den Vereinen damit die Übungsleiter weg. Wir hatten damals, als ich Vorsitzender in Puchheim war, mit der VHS vereinbart, dass die VHS nur das anbieten kann, was der FC nicht an Sport macht. Jetzt ist das anders, da wird von Vereinsseite nicht mehr drauf geachtet.

Reagieren Einrichtungen wie die Volkshochschulen schneller auf Trends? Wie etwa jetzt bei dem neuen Tanz-Fitness-Programm Zumba?

Ja, das ist so. Vereine bieten dann zwar auch Kurse an, aber das ist ein bisschen zweischneidig: Die Mitglieder zahlen dann ihren Mitgliedsbeitrag und für den Kurs noch mal extra.

Werden auch die jugendlichen Mitglieder weniger?

Ja, das kommt auch mit der Ganztagsschule. Die Kinder haben weniger Zeit und die Schulturnhallen können nachmittags von den Vereinen nicht mehr benutzt werden, weil die Schulen sie noch brauchen. Dagegen läuft der Bereich Seniorensport gut, das wird immer mehr. Und auch der Gesundheitssport. Eine meiner ersten Taten beim FC Puchheim war zum Beispiel die Gründung der Herzsportgruppe. Das war Mitte der siebziger Jahre.

Wie wichtig ist der Leistungssport?

Vor allem die Jugendlichen wollen ja den Wettkampf haben. Und natürlich auch einige Funktionäre, gerade beim Fußball, Handball, Basketball.

Was braucht der Sport in Zukunft?

Er braucht vor allem Funktionäre mit neuen Ideen. Wir dürfen nicht auf dem Alten stehen bleiben. Auch mir sind zuletzt die Ideen weggeblieben. Heute wird aber von vielen oft vorgeschoben: Mein Beruf lässt mir keine Zeit dafür.

Was werden Sie ohne ein Amt tun?

Ich bin jetzt froh, dass ich aufhören kann. Ich werde selber mehr Sport machen, mich mehr aufs Radfahren konzentrieren. Und es genießen, wenn meine Frau, die ja auch viele Ämter gehabt hat, und ich für einen Urlaub nicht mehr unsere Terminkalender abgleichen müssen.

© SZ vom 06.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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