Internationale Wochen:Vorbehalte abbauen

Lesezeit: 2 min

Co-Regisseurin Sanne Kurz und Stadtrat Willi Dräxler im Foyer des Lichtspielhauses. (Foto: Johannes Simon)

Projekt gegen Rassismus im Brucker Lichtspielhaus

Von Isolde Ruhdorfer, Fürstenfeldbruck

Vor 58 Jahren fand am 21. März im südafrikanischen Sharpeville eine friedliche Demonstration gegen das Apartheid-Regime statt. Die Situation eskalierte, die Polizei schoss in die Menge. 69 Menschen wurden dabei getötet. Zum Gedenken an das Massaker von Sharpeville gibt es heute die "Internationalen Wochen gegen Rassismus". Während dieser zwei Wochen finden weltweit Veranstaltungen statt, die sich mit dem Thema befassen. Sharpeville ist weit weg, das Jahr 1960 schon lange vorbei. Doch die Thematik ist in diesen Tagen nach wie vor aktuell.

"Es gibt einen verdeckten Alltagsrassismus", warnt Willi Dräxler, Stadtrat und Referent für Integration in Fürstenfeldbruck. Im Fürstenfeldbrucker Lichtspielhaus gab es nun eine besondere Veranstaltung mit abwechslungsreichem Programm dazu unter dem Motto "Zusammen gegen Rassismus - 100 Prozent Menschenwürde". Das Konzept, das in einer Hauruck-Aktion acht Wochen zuvor entstanden ist, sollte Vorbehalte abbauen. "Wir wollen Verständnis erzeugen für die Menschen, die zu uns kommen", so Benedikt Rossiwal, Geschäftsführer des Brucker Forums.

Dem Thema Rassismus näherte man sich von verschiedenen Seiten, teils auf witzige, teils auf ernste Weise an. Ernst war die Diashow mit Bildern, die von Asylbewerbern aus der Erstaufnahmeeinrichtung gemalt wurden. "Jedes Bild hat eine Geschichte", sagt Annelie Güther von der Caritas. Sie studierte Kunsttherapie und gab den Menschen bei einem Kunstprojekt die Möglichkeit, ihre Gefühle aufs Papier zu bringen. "Auf diese Weise kann man sich ausdrücken, auch wenn man auf anderem Weg nicht kommunizieren kann." Das sei gerade für die Menschen aus der Erstaufnahme wichtig. Die Bilder, in verschiedenen Stilen und mit verschiedenen Motiven, haben zwei Dinge gemeinsam: Sie thematisieren den Frieden und arbeiten mit Symbolik. So steht beispielsweise der Mond für Ruhe und Stille. Es ist eine Diashow, die nachdenklich macht, da sie einem vor Augen führt, was sich die Asylbewerber am meisten wünschen: Frieden.

Ernst ist auch die Lesung des Lese- und Theaterclubs "Turmgeflüster". Er präsentiert das Buch "The hate U give", das sich mit Polizeigewalt gegen Schwarze in den USA auseinandersetzt. Die Jugendlichen überraschen durch lebendiges szenisches Lesen. Schade ist, dass die Dialoge des vorgetragenen Ausschnitts sehr gekünstelt wirken. Die nach jedem Satz eingestreuten Schimpfworte sollen wohl einen jugendlichen Anstrich verleihen, wirken aber nicht authentisch.

Witzig hingegen ist der am Ende gezeigte Spielfilm "Almanya - Willkommen in Deutschland". Er handelt von einer türkischen Familie, die in den Fünfzigerjahren nach Deutschland emigrierte und sich jetzt vor Identitätsfragen gestellt sieht. "Was sind wir denn jetzt? Türken oder Deutsche?", fragt der sechsjährige Cenk. Noch viel witziger ist der Kurzfilm "Die Herberge". Basierend auf einer wahren Begebenheit erzählt er die Geschichte eines Ehepaares, das sich beim Wandern verirrt und in einer verlassenen Herberge etwas essen möchte. Nur, dass diese Herberge inzwischen ein Asylbewerberheim ist. Doch ohne das zu bemerken, wird das Ehepaar von den Bewohnern gastfreundlich bewirtet.

Abwechslungsreich gestaltet ist der Abend allemal. Doch eine Frage, die Willi Dräxler in seiner kurzen Rede selbst anstößt, bleibt unbeantwortet. Sind die, die ein solches Thema erreichen soll, überhaupt auf dieser Veranstaltung? Sind diejenigen, die zu einem Abend kommen, der sich gegen Rassismus einsetzt, nicht eh alle einer Meinung? Es gehe darum, die Menschen zu informieren, sagt Dräxler auf Nachfrage. Die Menschen würden ihre Meinung dann nach Hause tragen, um mit Familie und Freunden zu diskutieren. Zuversichtlich ist er auf jeden Fall. "Ich glaube, wir schaffen das", sagt er: "Fürstenfeldbruck ist bunt". Wirklichen Optimismus ruft aber nur die neunjährige Mariam aus Nigeria hervor, die eine Geschichte vorträgt und sie mit den Worten schließt: "Und alle waren sehr glücklich."

© SZ vom 24.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: