Interkommunale Zusammenarbeit:Gemeinsam Wohnraum schaffen

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Der Landkreis und die Gemeinde Gröbenzell sind die ersten, die sich an der neuen Wohnungsbaugesellschaft im Landkreis beteiligen wollen. Damit wird ein Vorhaben Wirklichkeit, das vor allem die SPD seit vielen Jahren fordert

Von Heike A. Batzer und Peter Bierl, Fürstenfeldbruck /Gröbenzell

Die interkommunale Wohnungsbaugesellschaft im Landkreis nimmt nach vielen Jahren Form an. Sie soll dazu beitragen, neuen Wohnraum im Landkreis zu schaffen. Der Landkreis selbst wird der Gesellschaft beitreten, beschloss der Kreisausschuss am Donnerstagnachmittag einstimmig in einem Vorabvotum. Die noch notwendige Zustimmung des Kreistags gilt als sicher. Als erste Kommune beteiligt sich Gröbenzell. Dafür votierte eine klare Mehrheit des Gemeinderats am Donnerstagabend.

Landrat Thomas Karmasin (CSU), der der Sache jahrelang ablehnend gegenübergestanden war, warnte vor Hoffnungen, die Wohnungsbaugesellschaft würde allein durch ihre Existenz nun Wohnungen bauen. Dem sei nicht so, denn "nach wie vor ist sie abhängig von Grundstücken und Bauland in den Gemeinden". Dennoch plädierte er dafür, ihre Gründung nun zügig zu vollziehen.

Noch ist nicht sicher, wer sich neben dem Landkreis und Gröbenzell tatsächlich beteiligen wird. In allen Kommunen werden die Stadt- und Gemeinderäte darüber abstimmen. Den Kommunen müsse man nun Zeit für die Entscheidung in ihren Gremien geben, forderte Hans Seidl, CSU-Kreisrat, Bürgermeister von Maisach und Kreisvorsitzender des Bayerischen Gemeindetags. Er betonte, dass es sich dabei "nicht um eine Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises, sondern im Landkreis" handle. Dass der Kreis die koordinierende Funktion übernehme und die Gemeinden tätig werden müssten, sei der richtige Weg, sagte auch Peter Falk (SPD), der die Schaffung einer solchen Gesellschaft viele Jahre gefordert hatte.

Als Rechtsform soll nun eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) gewählt werden, jede Kommune muss sich mit 10 000 Euro daran beteiligen. Die neue Gesellschaft soll von den Kommunen eingebrachte Wohnungsbestände verwalten und neue Häuser bauen. Damit könne man das Wissen von Spezialisten in der Wohnbaugesellschaft nutzen, das die Kommunalverwaltungen nicht hätten, sagte Martin Runge (Grüne). Max Keil (ÖDP), der auch Stadtrat in Puchheim ist, warnte indes vor einem "Riesenverwaltungsaufwand, bis man zum Bauen kommt".

Ein Blick zurück zeigt, dass sich beispielsweise die Stadt Fürstenfeldbruck von 1990 bis 2010 eine eigene Wohnungsbaugesellschaft geleistet hatte, die sozial Schwachen und kinderreichen Familien günstigen Wohnraum anbieten sollte. Zuschüsse sollten später über Bauträgergewinne wieder eingespielt werden. Das misslang, die Gesellschaft machte Millionendefizite und wurde liquidiert.

Auch im Gröbenzeller Gemeinderat wurde Skepsis laut. Vor allem in der CSU gab es einige Vorbehalte gegen eine Beteiligung an einer interkommunalen Gesellschaft. "Wir könnten doch alleine schneller bauen", warf Anita Rieger (CSU) ein. Andere forderten einen Businessplan und fragten nach der "Reißleine". Als "Wasserkopf- und Bauverzögerungsgesellschaft" verwarf die Fraktionsvorsitzende Brigitte Böttger das Projekt komplett. Kurt Köppl (CSU) rügte eine "Geld- und Zeitverschwendung. Michael Leonbacher (FW) warnte vor der Annahme, die interkommunale Gesellschaft könnte bald Wohnraum schaffen. "Die ersten Häuser werden nicht schon in zwei Jahren stehen."

Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) warb um Zustimmung. Die kleinen Gemeinden im Westen hätten Grundstücke, aber keine personellen Kapazitäten, die großen Kommunen im Osten mehr Geld, deshalb sei eine Kooperation sinnvoll. Er erinnerte an die Trinkwasser- und Abwasserzweckverbände, die seit Jahrzehnten eine hervorragende Arbeit leisteten. Außerdem bedeute die Beteiligung an einer landkreisweiten Gesellschaft ja nicht, dass man als Kommune die Hände in den Schoß legen werde. "Die Gemeinde baut viel und stetig", sagte der Bürgermeister. Es gehe auch gar nicht mehr um "bezahlbaren Wohnraum", sondern darum, überhaupt Wohnungen zu errichten. Die Reißleine für das Projekt sei die Abstimmung über den Gesellschaftervertrag, der ausgehandelt werden muss.

In der Debatte stritten CSU und SPD über Versäumnisse der Vergangenheit. Die letzten öffentlichen Wohnungen seien unter Landrätin Rosemarie Grützner gebaut worden, für das Personal des Kreiskrankenhauses, stichelte Peter Falk (SPD). Die Gröbenzeller CSU habe "alles mögliche unterlassen" und sich auf den Bau von Luxuswohnungen kapriziert. Böttger wies die Vorwürfe zurück. In Gröbenzell seien 2014 noch Gemeindewohnungen gebaut worden. Schließlich grätschte Cordula Braun (UWG) dazwischen. "Euere gegenseitigen Vorwürfe, das langweilt mich, geht damit zum Therapeuten", rief sie den Streitenden zu. Ihr Geschäftsordnungsantrag, keine Vergangenheitsbewältigung mehr zu betreiben, wurde als unmöglich zurückgewiesen. Mit 17:2 Stimmen fiel die Entscheidung dann doch sehr eindeutig aus. Der Vorschlag von Axel von Walter (SPD), die Gemeinde möge externe Berater einschalten, wurde mit 10:9 Stimmen abgelehnt.

© SZ vom 29.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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