Im Rathaus:Vorwürfe gegen Emmeringer Bürgermeister

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Stefan Floerecke (CSU) hat einen ehemaligen Praktikanten seiner Firma im Rathaus eingestellt. Darüber beschweren sich drei Fraktionen, nun geht die Kommunalaufsicht der Sache nach

Von Gerhard Eisenkolb, Emmering

Hat der Emmeringer Bürgermeister in einem fragwürdigen Verfahren unter Umgehung üblicher Verwaltungsabläufe versucht, eine neu geschaffene Stelle im Rathaus mit einem ehemaligen Praktikanten seiner Privatfirma zu besetzen, wie Kritiker behaupten? Diese und eine Reihe anderer Fragen zur "rechtlichen Konformität" der Vorgehensweise des Rathauschefs in dem beanstandeten Fall prüft zurzeit die Kommunalaufsicht des Landratsamts. Beantragt haben die Prüfung die drei Vorsitzenden der Gemeinderatsfraktionen von Freien Wählern, Grünen und SPD mit einem gemeinsamen Schreiben an die Kommunalaufsicht, das der SZ vorliegt. Auf SZ-Anfrage lehnte das Landratsamt eine Stellungnahme mit Hinweis auf das laufende Verfahren ab. Wie es heißt, lägen noch keine Ergebnisse vor. Bürgermeister Stefan Floerecke (CSU) räumt gegenüber der SZ ein, etwas schnell vorgegangen zu sein. Er habe viel daraus gelernt, das werde so nicht mehr vorkommen, versichert er.

In einem Punkt sind sich der vor einem Jahr gewählte, junge Bürgermeister und dessen Kritiker einig: Alle äußern sich mit Hinweis auf die nicht öffentlichen Beratungen und die daraus resultierende Verschwiegenheitspflicht nicht zu Details des Vorgangs. Die drei Fraktionsvorsitzenden führen in ihrem Schreiben ans Landratsamt zwei Deutungsmöglichkeiten der Faktenlage an. Nach der einen könnte Floerecke beabsichtigt haben, eine Stelle für Öffentlichkeitsarbeit zu schaffen und dafür seinen ehemaligen Mitarbeiter einzustellen. Zur Verschleierung und um die Zustimmung des Gemeinderats zu erhalten, seien die Beratungen für die Stelle für Internet und Kommunikation nicht öffentlich angesetzt, dem Gremium relevante Informationen vorenthalten und dieses zudem mit einer Spontanaktion überrumpelt worden.

Nach Szenario zwei könnte es so gelaufen sein, dass sich unmittelbar nach dem Beschluss zur Schaffung der Stelle postwendend ein potenzieller Bewerber fand. Dieser habe bereits zwei Werktage nach der Sitzung, in der die Stelle genehmigt wurde, mit einem Praktikum im Rathaus beginnen können. Als das Namensschild des Neulings an einer Bürotür Politikern auffiel, bohrten diese nach. Offenbar sei der Bewerber so überzeugend gewesen, dass der Bürgermeister den neuen Mitarbeiter, dessen Ausbildungsprofil nicht dem Anforderungsprofil IT entsprochen habe, nach wenigen Wochen zur Festanstellung vorschlug. Wegen der Kurzfristigkeit der Anstellung sei es nicht möglich gewesen, dazu eine inhaltliche Beschlussvorlage für den Gemeinderat zu erstellen.

In diesem Zusammenhang wollen die drei Fraktionsvorsitzenden von der Rechtsaufsicht klären lassen, ob der Bürgermeister beabsichtige, sich an die üblichen Abläufe wie Stellenausschreibung mit Profil und Aufgabe, Offenlegung eingegangener Bewerbungen sowie Entscheidung im Hauptausschuss zu halten. Kritisiert wird auch, dass dem Gemeinderat die Informationen zu der Stelle und zu dem Bewerber erst nach mehrmaligem Nachfragen offenbart worden seien.

Auf SZ-Anfrage erklärt Floerecke, er gehe davon aus, dass alles rechtskonform verlief. Niemand sollte getäuscht oder überrumpelt werden. Die unkonventionelle Vorgehensweise begründet er mit der anstehenden Digitalisierung der Schule und der daraus resultierenden hohen Arbeitsbelastung im IT-Bereich des Rathauses. Hier habe er Druck herausnehmen wollen. Es sei nämlich darum gegangen, 20 Dienst-PCs für Lehrer und 52 Leih-iPads für Schüler zu installieren. Weil er früher selbst in dieser Branche tätig war und daher viele Leute kenne, so der Rathauschef weiter, habe er wegen der Dringlichkeit zuerst selbst erfolglos nach einem geeigneten Mitarbeiter gesucht. Da dieser Markt leer gefegt sei, habe er einen jungen Mann, der früher in seinem Unternehmen ein Praktikum gemacht hatte, gebeten, im Rathaus ein weiteres Praktikum zu absolvieren.

Auch den Vorwurf, dem Gemeinderat Informationen vorenthalten zu haben, weist er zurück. Das Gremium sei umfassend unterrichtet worden. Obwohl er offen und ehrlich kommuniziere und nicht in Hinterzimmern Politik mache, hätten seine Erklärungen zu Irritationen geführt. Deshalb prüfe die Kommunalaufsicht den Sachverhalt. Wenn jemand wie er neu im Amt sei, und etwas nicht optimal laufe, werde das eben auch politisch genutzt und kritisiert. Der Bürgermeister tröstet sich damit, dass solche Kritik auch einen positiven Aspekt hat: Man werde besser.

© SZ vom 15.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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