Hofhegnenberg:Erinnerung an alte Zeiten

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Helmut Eckl entführt gekonnt zu den Anfängen der Kleinkunst

Von Edith Schmied, Hofhegnenberg

Künstler und Publikum stehen sich an diesem Abend in nichts nach. Beide sind in die Jahre gekommen und blicken zusammen auf 40 Jahre zurück. Auf die Anfänge der Kleinkunst, wie sie in den legendären Lokalen der Münchner Szene entstanden sind, angefangen vom "Muh" über das "Song Parnass" bis zur Liederbühne "Robinson". Da hat sich doch glatt einer gefunden, der dies alles in dem Buch "Vom MUH in die Ottobrunnerstraß" aufgeschrieben hat: Kein geringerer als Turmschreiber Helmut Eckl sitzt da auf der Bühne, verschmitzt wie eh und je in seinen wohl gepflegten Schnauzer grummelnd, und schwelgt mit Mitstreitern aus der Szene in Erinnerungen. Und wo könnte so ein "Revival Abend in Schwarz/Weiß" - O-Ton Toni Drexler - authentischer gelingen als in einem, nun ja, unübersehbar in die Jahre gekommenen Gasthaus, wie dem Eder, das die Organisatoren des "Hörbacher Montagsbrettls" zu diesem Zweck aus seinem Dornröschenschlaf wach gerüttelt haben.

Über all dem gegenseitigen Geflachse, Witzeln und Improvisieren hängt das ewige, "weißt du noch?" im ausverkauften Saal. Als Holger Paetz zu den Auftritten trampte, ein Auto gaben die mageren Gagen damals nicht her, und deshalb öfters schweißgebadet auf den letzten Drücker ankam. Als Bruno Jonas und Helmut Eckl in der ausbaufähigen Standby-Betrunkenheit eines Faschingsdienstags völlig unvorbereitet einen groß angekündigten Auftritt abliefern sollten aber nach fünf Minuten aufgaben. Wie allerdings die Rückzahlung des Eintrittsgeldes, Jonas als Kassenwart, Eckl als Revisor, zu einer gelungenen Performance ausartet, das spricht für die Flexibilität sowohl der Künstler als auch des Publikums. Als Fredl Fesl Stopherl Well und seine Brüder mit einem, "ja was seid's denn ihr für Wuide" nichts ahnend in die volkstümliche Landlerschublade einordnete.

Aus dem seinerzeit von Vater Well, typisch Lehrer, angeordneten "aufstehen, singen, setzen" ist eine veritable Formation, die "Well-Buam aus dem Biermoos" geworden. Mit der Händel Suite in vier Sätzen zum Jubiläum der Hausener Feuerwehr gehen sie gleich zu Beginn des Abends in die Vollen. Ein musikalisches Highlight ist dieses Zusammentreffen von volkstümlichen Instrumenten und Klassik, das darin enthaltene sprachliche Kauderwelsch besonders reizvoll. Es reicht vom Pidgin-Italienisch, falls es so etwas überhaupt gibt, bis zum kleinen Latinum, in das der Stopherl, getarnt als Rap, seine geharnischte Kritik an bayerischer Bildungspolitik verpackt.

Wie sehr man bayerische Befindlichkeiten emotional und vor allem sprachlich reduzieren kann zeigt Holger Paetz eindringlich und sehr witzig. Etwas ruhiger geht es der "Zither-Manä" an. Er versucht erst gar nicht das Publikum zum Mitmachen zu animieren. "Macht's was wollt's", resigniert er und lässt seinen legendären Zitherrock bei dem sich so mancher Blues einschleicht für sich sprechen. Sein Harpblues auf der Mundharmonika erinnert in seiner Virtuosität spontan an John Mayall.

Eckls Aufforderung zum Abschied, "bleibt's brav, wenn's net anders geht" ist angesichts des nicht mehr ganz jungen Publikums eine leichte Übung - und möglicherweise Voraussetzung für ein Wiedersehen in 40 Jahren.

© SZ vom 09.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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