Hilfreiche Geste:Multikultureller Austausch am Beckenrand

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Lehrreiche Nachmittage: Viscardi-Schüler bringen jungen Flüchtlingen im Türkenfelder Bad das Schwimmen bei. (Foto: Privat)

Schüler des Brucker Viscardi-Gymnasiums bringen Flüchtlingen das Schwimmen bei

Von Julia Huss, Fürstenfeldbruck/Türkenfeld

Das Wasser spritzt über den Beckenrand, es wird laut gelacht, gekrault, getaucht und geschwommen. Fünf junge Flüchtlinge ziehen ihre Bahnen durch das Becken des Schwimmbads in Türkenfeld. Der 16-jährige Manuel, Schüler des Fürstenfeldbrucker Viscardi-Gymnasiums, harrt im kühlen Nass aus und hilft ein wenig nach, wenn die eine oder andere Bewegung der jungen Männer noch etwas unsauber ausgeführt wird. Am Beckenrand halten sich einige Mädchen auf, zwei von ihnen geben Anweisungen. "Achtet auf die Arme", weist Hannah ihre Schützlinge zurecht. Die 18-jährige Schülerin gibt genau Acht, denn ihr, und das Ziel ihrer Mitschüler, die sich sonntags im Schwimmbad treffen, ist es, Geflüchteten das Schwimmen beizubringen.

Das Projekt "Multikulturelles Schwimmen" hat die Sportlehrerin Kattalin Wagner im Rahmen eines Projektseminars der gymnasialen Oberstufe ins Leben gerufen. "Es sind schon so viele Unfälle beim Schwimmen geschehen, jetzt muss was passieren, um das zu ändern", sagt die Sportlehrerin. Oftmals unterschätzen die Flüchtlinge ihre Kräfte, die Strömung, oder sie können gar nicht schwimmen. Das soll sich für die Teilnehmer des Schwimmkurses ändern. Zusätzlich hatte die Lehrerin das Ziel, den Kontakt zwischen den Jugendlichen aus unterschiedlichen Kulturkreisen zu fördern. Außerdem lernen die Schüler Verantwortung zu übernehmen, denn Wagner hat zwar den Grundstein für dieses Projekt gelegt, von Beginn an hat sie es aber ihren Schülern überlassen, die Schwimmstunden vorzubereiten und zu halten.

Nun beobachtet sie vom Beckenrand aus, wie die Schüler den Flüchtlingen mit Schwimmnudeln bewaffnet, das Rückenschwimmen beibringen. Dem 20-jährigen Mustafa fällt es noch etwas schwer, sich über Wasser zu halten. Das stört den aus Somali stammenden jungen Mann aber nicht. "Ich bin dankbar für diese Chance. Anfangs hatte ich große Angst vor der Tiefe, es wird aber immer besser", sagt Mustafa.

Die Aufteilung unter den Jugendlichen ist klar. Zwei bis drei Mädchen geben vom Beckrand aus Anweisungen, die Jungs übernehmen den Feinschliff im Wasser und greifen den Flüchtlingen unter die Arme. Meistens kümmern sich sechs Schüler um bis zu neun Flüchtlinge. Die Planung im Vorfeld übernehmen alle Schüler zusammen. Gemeinsam mit ihrer Lehrerin treffen sich die Jugendlichen und sprechen jeden Kurs durch. Neben Übungen im Bauch-, Brust- und Rückenschwimmen darf auch der Spaß nicht zu kurz kommen. Deshalb werden Wettschwimmen eingebaut und Wasserball zum Aufwärmen gespielt.

Trotzdem steht sonntagnachmittags im Fokus, Schwimmunfälle, die sich in den Sommermonaten an Seen immer wieder zutragen, zu vermeiden. Deshalb legt Hannah, die auch bei der Wasserwacht tätig ist, besonderen Wert darauf, dass die Flüchtlinge lernen, ihre Kräfte richtig einzuschätzen. "Wenn ihr in die Mitte des Sees schwimmt, müsst ihr auch immer daran denken, dass ihr zurückschwimmen müsst", erklärt die 18 Jahre alte Gymnasiastin ihren im Wasser planschenden Zuhörern. Auch ihre Mitschülerin Julia beobachtet die Flüchtlinge wachsam und gibt immer wieder hilfreiche Tipps. Allen Beteiligten macht der Nachmittag sichtlich Spaß. Dennoch schleicht sich die Frage ein, ob es die Schüler nicht stören würde, dass sie ihre Freizeit dafür opfern. "Mich stört es gar nicht, es macht mir Spaß, dass ich den Flüchtlingen mit so einer kleinen Geste helfen kann", sagt Julia.

© SZ vom 01.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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