Großes Talent:Zum Feinschliff nach New York

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Der Emmeringer Pianist Jonas Aumiller beginnt in diesen Tagen sein Studium an der renommierten Julliard School. Damit beginnt die entscheidende Phase auf dem Weg zu seinem großen Traum: Eines Tages ein weltweit gefragter Solist zu sein

Von Florian J. Haamann, Emmering

Der Kontrast könnte nicht größer sein: Noch sitzt der 20-jährige Jonas Aumiller im Garten seines Elternhauses in Emmering, spricht über seine Leidenschaft für die Musik, seine Zukunft und die Genialität von Filmen aus den Siebzigerjahren. Doch in wenigen Tagen wird er seinen Koffer packen und nach New York umziehen. Denn der junge Pianist hat geschafft, was Jahr für Jahr Tausende Nachwuchsmusiker aus der ganzen Welt versuchen: Einen Studienplatz an der renommierten Juilliard School, vielleicht dem besten Konservatorium der Welt, zu bekommen. In diesem Jahr hat der renommierte Solist und Lehrer Sergei Babayan sogar nur einen Schüler angenommen - Aumiller.

Für den gebürtigen Emmeringer, der eigentlich schon längst auf dem Weg zum Kosmopoliten ist, ist es der nächste Schritt seiner bisher steilen Karriere als Pianist. Mit 17 ist er von zu Hause ausgezogen, um in Trient seinen Bachelor zu machen, dazwischen ein Semester in Nürnberg und natürlich immer wieder Wettbewerbe und Konzerte. Auch in New York war er bereits mehrere Male, unter anderem um einen Meisterkurs zu absolvieren. "Aber jetzt ist es natürlich endgültiger. Von Italien aus habe ich vier Stunden nach Hause gebraucht, da konnte man auch mal spontan fahren", sagt Aumiller.

In New York habe er sich gleich beim ersten Besuch verliebt, erzählt er. "Es ist wirklich die Stadt, die niemals schläft. Man spürt einfach, dass die Leute dort erfolgreich werden wollen. Die Ruhe und Entspannung, die es sonst überall gibt, findet man dort einfach nicht. Ich finde das extrem anziehend. Und das kulturelle Angebot ist wirklich überwältigend". Bei so viel Begeisterung ist es kein Wunder, dass er nach dem Studium gerne in New York bleiben würde.

Erfolg und Ehrgeiz sind Worte, die Aumiller immer wieder verwendet. Etwa wenn er darüber spricht, dass Deutschland längst keine Leistungsgesellschaft mehr sei und dass ihm seine Zielstrebigkeit immer wieder als Arroganz ausgelegt wird. "Aber das ist mir egal, die Leute die so etwas sagen, sind nicht die, die dir einmal den Erfolg geben". Und auch wenn diese Worte erst einmal so klingen, ist der 20-Jährige alles andere als arrogant oder abgehoben. Vielmehr ist er ein aufmerksamer, interessierter Gesprächspartner, ein junger Mann, dem schöne Kleidung und das Feiern mit Freunden genauso wichtig sind wie Bücher und gute Filme. Wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass Martin Scorseses "Taxi Driver" der im New York der Siebzigerjahre spielt, sein absoluter Lieblingsfilm ist.

Aber er ist eben auch hochtalentiert und hat ein klares Ziel vor Augen: eine Karriere als Konzertpianist. Ohne Ehrgeiz und ein gesundes Selbstbewusstsein hätte er in dieser Branche, in der von Tausenden Bewerbern höchstens eine Hand voll ihren Traum verwirklichen wird und in der es untereinander kaum Freundschaften gibt, keine Chance. "Wenn du immer anderen den Vortritt lässt, dann kommst du nie zum Zug. Diesen Rat hat mir einer meiner ersten Lehrer gegeben", sagt Aumiller über eines seiner Leitmotive.

Und dennoch sind Ehrgeiz, überdurchschnittliches Talent und ein Studienplatz an einer der besten Adresse der Welt noch längst keine Garantie dafür, dass er seinen Durchbruch schaffen wird. "Bis man 25 ist, muss man sich einen Namen gemacht haben, 30 ist das absolute Limit. Danach sagen die Jurys, der wird eh kaum noch Fortschritte machen. Das ist das unausgesprochene Gesetz", sagt Aumiller. Die Uhr läuft also unaufhaltsam, Zeit zum Verschnaufen bleibt nicht. Und so hat er kurz vor dem Abflug nach New York noch am internationalen Wettbewerb für junge Pianisten in Ettlingen teilgenommen - es ist einer der wichtigeren in einem Meer aus Wettbewerben. Einer der Gewinner heißt Lang Lang, der Sieg im Jahr 1994 war sein Durchbruch, er war damals elf Jahre alt. Aumiller ist in diesem Jahr zweiter geworden. "Natürlich habe ich mich geärgert. Ich fahre ja nicht zu einem Wettbewerb, um nicht zu gewinnen", sagt er.

Bis zu sechs Stunden am Tag sitzt Jonas Aumiller am Klavier. In seiner neuen Wohnung in New York möchte er allerdings kein Instrument haben. In den Räumen der Hochschule falle es ihm leichter, sich zu konzentrieren, während zu Hause immer Ablenkung droht. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Dennoch schätzt er das Ergebnis realistisch ein. "Ab einem gewissen Punkt sind Platzierungen nur noch Geschmackssache. Technisch sind die besten sehr nah beieinander, da kommt es dann darauf an, ob der Jury dein Programm und die Art, wie du spielst, gefällt". Seinen Stil habe die Jury als nobel und natürlich bezeichnet. Eine Beschreibung die ihn sehr gefreut hat. Seiner Ausstrahlung, dem gepflegten Auftreten und seinem Aussehen kommt dabei absolut entgegen, dass der Trend in der Branche mittlerweile weg von reiner technischer Perfektion und hin zur gesamten Persönlichkeit und der Interpretationsfähigkeit geht.

Was einer wie er, der schon so viele Preise gewonnen hat und seit 13 Jahren täglich mehrere Stunden übt, überhaupt noch lernen kann? Aumiller muss nicht lange überlegen. "Zum einen geht es um den Austausch von Ideen und zum anderen darum, was ich klanglich noch optimieren kann und wie ich meinen Körper noch besser nutze", sagt er und blüht noch einmal auf. Endlich kann er über das reden, was ihn an seinem Instrument so fasziniert. "Das Grundprinzip ist ja Finger, Taste, Ton. Und je fester ich drücke, desto lauter wird der Ton. Aber nicht unbedingt schöner. Also muss man herausfinden, wie man den Ton voller und größer macht. Etwa indem man möglichst viel Körpergewicht auf die Finger legt. Dabei muss man aber aufpassen, dass der Oberarm nicht verspannt, sonst blockiert er das Gewicht. Das sind Fragen, mit denen man sich beschäftigt."

Gedanken darüber, wie es weitergehen könnte, wenn es mit der großen Karriere nicht klappt, macht er sich nicht. "Musik ist das, was mich am meisten erfüllt. Ich kann mir kein Leben ohne Klavier und Konzerte vorstellen. Alles andere wäre für mich wahrscheinlich nicht mehr erfüllend".

© SZ vom 08.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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