Germering:Zur Tafel nur noch alle zwei Wochen

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Die Zahl der Bedürftigen in Germering nimmt so zu, dass der Sozialdienst mit der Versorgung kaum nachkommt

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Ob Essen auf Rädern, Krankenpflege, Kinderpark, Tageselternservice oder die Tagesbetreuung von Menschen, die an Demenz leiden: Der Germeringer Sozialdienst engagiert sich in mehr als drei Dutzend Bereichen. Die Berichtsmappe zur Mitgliederversammlung war mit 40 Seiten entsprechend dick. Trotzdem wollten von den über 2000 Mitgliedern des Sozialdienstes nur etwa 25 die Berichte des Vorstandes und des Aufsichtsrates hören.

Der Sozialdienst, der im kommenden Jahr sein 50-jähriges Bestehen feiern wird, wirkt in 41 verschiedenen Tätigkeitsbereichen und bewegt inzwischen einen Gesamtetat von fast fünf Millionen Euro an Einnahmen und Ausgaben. Seit Anfang Januar 2016 ist er auch alleine für die "Germeringer Tafel" zuständig. Bisher wurde die Einrichtung zusammen mit der Bürgerstiftung des Landkreises Fürstenfeldbruck betrieben. Tafelleiter Holger Quest berichtete, dass inzwischen 837 Menschen die kostenlosen Angebote in Anspruch nähmen. Das habe dazu geführt, dass die Waren, die das ehrenamtliche Tafelteam sammelt, im Wochenwechsel nur noch alle zwei Wochen an die Bedürftigen ausgegeben werden. "Für die große Anzahl Tafelberechtigten würden die Waren innerhalb einer Woche nicht ausreichen", erläuterte Quest. Auch könnte man die Warenbeschaffung in dieser Dimension innerhalb einer Woche nicht stemmen.

837 Bedürftige sind mehr als zwei Prozent der Germeringer Bevölkerung, die einen Tafelausweis besitzen. Flüchtlinge stünden nicht auf der Liste, stellte Quest klar. Ein mehrsprachiger Asylbewerber würde während der Ausgabezeiten als Übersetzer mithelfen. Man bringe jedoch alten Menschen, die nicht aus den Haus gehen können, Waren vorbei. "Das ist ein kleiner Kreis alter Leute." 80 ehrenamtliche Mitarbeiter zählt das Tafelteam. "Weihnachten und Ostern finden bei uns immer viele Wochen nach dem Ereignis statt", erzählte Quest. Erst Mitte Juni seinen noch fünf Kisten Ostersüßigkeiten von Supermärkten abgeholt worden. Die Schokolade werde zumeist noch umgepackt, dass sie nicht wie Osterware aussehe.

Die neue Struktur, die sich der Germeringer Sozialdienst vor zwei Jahren mit einem Vorstand und Aufsichtsrat gegeben hat, scheint sich jetzt zu bewähren. Doch erst einmal ging es im vergangenen Jahr auf Leitungsebene etwas holprig zu. Nach dem Ausscheiden von Geschäftsführerin Ingrid Fütterer mussten Pflegedienstleiterin Ingrid Neubauer und Georg Sedlmeier als Vorstände einspringen. Sedlmeier ist im Hauptberuf Rechtsanwalt und mit einem eher knappen Zeitbudget ausgestattet.

So wurde Aufsichtsrätin Sabine Brügel-Fritzen das operative Geschäft in der Position als Geschäftsleiterin übertragen. Brügel-Fritzen fungierte viele Jahre als rechte Hand von Geschäftsführerin Sonja Thiele, die jetzt dem Aufsichtsrat angehört.

Finanziell ist der Sozialdienst nicht auf Rosen gebettet. 2015 verbuchte der Verein einen Verlust von 22 400 Euro. 2014 lautete der Fehlbetrag 97 000 Euro. Diese Verluste zehren die Rücklagen auf. Trotzdem ist der Verein, der 441 Mitarbeiter beschäftigt, davon 223 ehrenamtliche und 128 freiwillige Helfer, schuldenfrei, wie die beauftragte Steuerkanzlei mitteilte. 40 Personen sind fest angestellt. Die meisten davon in der ambulanten Krankenpflege, dem Standbein des Sozialdienstes.

Die Krankenpflege erwirtschaftete 844 000 Euro an Einnahmen, die Tagespflege in der Leipziger Straße 223 000 Euro. "Die Krankenpflege hat die gesamte Einnahmesituation wesentlich verbessert", lobte dann Vorstandsmitglied Georg Sedlmeier diese Sparte ganz besonders, zumal die Krankenpflege immer noch mit einer "immens schwierigen Personallage" zu kämpfen habe.

© SZ vom 24.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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