Germering:Zur Sache, Schätzchen!

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200 Neugierige besichtigen beim Oldtimer-Korso alte und ganz alte Autos. Vor allem Männer interessiert das und die überwiegend männlichen Besitzer geben nur allzu gerne Auskunft

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Pascal Kapp tritt auf dem Stadthallenplatz ans Mikrofon und gibt die Parole aus: "Zeigt eure Schätzchen!" Bei "Schätzchen" meint der Organisator des Oldtimer-Korsos im Rahmen der Veranstaltung "Classis meet Classics" nicht etwa die Frauen oder Freundinnen der angesprochenen Männer, sondern die Oldtimer-Autos, mit denen sie jetzt nacheinander, umringt von gut 200 Neugierigen, über den Platz zwischen den Biertischen hindurchfahren. Das Defilee der alten und ganz alten Autos dauert eine gute halbe Stunde; die Menschenmenge freut sich bei Sonnenschein an den Autos und über die unterhaltsamen Kommentare von Kapp, der jedes Detail der etwa 35 teilnehmenden Oldtimer zu kennen scheint.

Oldtimer sind Autos, die 25 Jahre und älter sind. Ein roter Golf 2, Baujahr 1984, wirkt nicht sehr spektakulär. Eher schon ein Mustang Cabrio aus dem Jahr 1969. Zwei kleine Kinder sitzen auf der Rückbank und freuen sich, im Mittelpunkt des Interesses zu stehen. Eine Vespa, Baujahr 1959, hat sich offenbar auf den Platz verirrt. Dann wird es wirklich spektakulär, als die Auspuffhupe des Ford Model T ertönt. "Das ist Musik", sagt Kapp dazu. Der Ford von 1914 ist wirklich ein altes Auto. Drin sitzen Gerda und Walter Münster aus Fürstenfeldbruck. Vor zehn Jahren haben sie den Oldtimer gekauft. Die "Tin Lizzy" oder "Blechliesel", wie das Auto liebevoll vom Ehepaar genannt wird, hat 20 PS und kann maximal 65 Kilometer pro Stunde schnell fahren. "Die Reisegeschwindigkeit beträgt 35 km/h", sagt Walter Münster, bergauf manchmal nur sieben Stundenkilometer.

"Unser Auto ist das älteste zugelassene Auto in der Stadt Fürstenfeldbruck", erzählt Gerda Münster stolz. Sie fährt immer mit und "liebt und pflegt das Auto", wie sie betont. An der Einfassung der Windschutzscheibe hat sie zuletzt mühsam das Messing herauspoliert. Kürzlich waren sie erst zu einem Lizzy-Treffen in der Eiffel. Im Jahr 1914 hat das Auto in den USA 650 Dollar gekostet. Vor dem VW-Käfer war dieser Ford das meist verkaufte Auto der Welt gewesen. Jetzt taxiert Walter Münster seinen Oldtimer auf etwa 45 000 Euro. Über so einen Preis kann Wolfgang Virtel, 66, aus Neuried nur schmunzeln. Sein roter Cheetah GT, aus dem Jahre 1964, ist ein US-amerikanischer Sportwagen mit einem sehr langen, flachen Vorderbau und 450 PS unter der Haube. Er gehört zu einer kleinen Rennwagenserie von nur 36 Autos, die gefertigt wurden, und hat deshalb einen enormen Wert. Virtel will keinen Verkaufspreis für seinen Cheetah nennen, der in nur 3,7 Sekunden 100 Stundenkilometer erreicht und 20 Liter Benzin auf hundert Kilometer schluckt. In den USA werde für dieses Modell ein Preis von etwa 800 000 Dollar aufgerufen, weiß er. Virtel wird ihn nicht verkaufen, auch nicht die anderen vier Oldtimer, die er besitzt. Mit dem Cheetah fährt der Münchner keine Rallyes mit. "Das ist mir zu gefährlich", sagt er. Auf der normalen Straße bewegt er den Sportwagen schon ab und zu. Doch die eingetragene Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h traut er sich damit bei weitem nicht zu fahren.

Jury-Mitglied Michael Jaumann aus Gröbenzell, der die Oldtimer besichtigt, gibt dem Cheetah gute Chancen beim sogenannten Concours D'Élégance, einem Qualitäts- und Schönheitswettbewerb, vorne zu landen. Jaumann ist schwer beeindruckt: "Hinter diesem Sportwagen mit nur 700 Kilo Gewicht steckt eine Urgewalt." Die Veranstaltung an der Stadthalle wirkt sehr entspannt. Oldtimer bestaunen, Demonstrationsfahrten mit Besuchern und Musik wechseln sich ab. Gerade spielt das Duo Peter Voice&Samuel String einen Jonny-Cash-Song nach. Natürlich, das ist nicht zu übersehen, ist es vor allem eine Männerveranstaltung. Viele ältere Männer schlendern zwischen den Autos herum, die nach dem Korso auf dem Areal um die Germeringer Stadthalle herum parken und die männlichen Besitzer der Autos geben liebend gerne Auskunft über ihre Schätzchen.

© SZ vom 01.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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