Germering:Vom Teufel und der armen Seele

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Im Mittelalter stand am Hang des Parsbergs eine Burg, von der nichts mehr zu sehen ist. Doch in zwei Sagen bleiben die Wehrbauten bis heute präsent

Von ano

So, wie der kleine Bach, ist vielleicht einmal das Pfennigbächlein am Fuße des Parsbergs dahingeflossen. Zwei Entenpaare schwimmen auf dem Wasser, das allerdings nur sehr zäh vorankommt. Das Bachbett ist mit Schilf bewachsen, Laub von den am Bachrand stehenden Bäumen bremst den Lauf des Wasser zusätzlich. Der Bach begleitet den Besucher des Germeringer Sees, der vom Parkplatz zu den Liegewiesen strebt. Die Quelle des kleinen Baches liegt wohl im Hang des Fußbergs. Mehrere unterirdische Quellen drängen in dem Gelände zwischen Anhöhe und See an die Oberfläche, einige speisen die künstlich angelegte Wasserfläche. Eine dieser Quellen hat wohl auch das Pfennigbächlein mit Wasser versorgt. Und es kann gar nicht wenig gewesen sein, wenn man der Sage trauen soll, nach der im Bachbett des Pfennigbächleins Wegelagerer eine Schatzkiste voller Goldmünzen vergraben hatten, die in einem tiefen Loch versank, als sie von zwei Germeringer Burschen gehoben werden sollte.

Fantasie benötigt aber nicht nur, wer sich mit der Sagenwelt beschäftigt, sondern auch, wer dem Pfennigbächlein nachspürt. Denn den kleinen Bach gibt es nicht mehr. Er verschwand, als zu Beginn der Siebzigerjahre der Germeringer See angelegt wurde. Das Badegelände zieht im Sommer Ausflügler und Schwimmer an, Freunde des Kneippens nutzen ein Stück des nahe gelegenen Holzbachs zum Kuren, Buben und Mädchen toben auf dem Spielplatz, der zum Freizeitgelände gehört, und auf dem Grillplatz wird gefeiert. Jetzt, da ein kalter Wind über den See weht und die Liegewiesen noch matschig sind, kommen wenig Spaziergänger. Es ist so ruhig, wie es wohl war, als das Pfennigbächlein noch am Fuß des Parsbergs entlang floss.

Nur den Autoverkehr hört man. Ein andauerndes Rauschen dringt von der Bundesstraße herüber. Die Route von München nach Augsburg ist eine wichtige Verkehrsverbindung. Das war sie auch schon in früheren Jahrhunderten. Die vielen Reisenden auf dieser Straße spielen eine wichtige Rolle in den Sagen vom Parsberg, schließlich hätte es ohne sie keine Wegelagerer und keinen Schatz gegeben, und auch nicht den Gesellen auf der Walz, der die Seele eines toten Bauern von ihrem Fluch befreite. Der Landwirt hatte einen Grenzstein versetzt, um seinen Grundbesitz auf Kosten des Nachbarn zu vergrößern. Nun irrte die Seele des Toten Nacht für Nacht mit dem Stein durch die Wälder am Parsberg. Die Straße ist der reale Hintergrund dieser Erzählungen, die auf und um den Parsberg spielen.

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(Foto: Günther Reger)

Verschwundene Burg: Auf der Anhöhe im Hintergrund standen im Mittelalter Wehrbauten aus Holz. Unter dem Hang floss das Pfennigbächlein, in dem der Sage nach ein Goldschatz versteckt war.

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(Foto: Günther Reger)

Der Bach verschwand mit der Entstehung des Germeringer Sees.

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(Foto: N/A)

Die Illustration zeigt die zwei Goldgräber, denen der Teufel einen Erfolg verwehrt hat.

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(Foto: SZ Grafik)

Phantastische Geschichten drehen sich rund um de Anhöhe Parsberg zwischen Germering und Puchheim.

Die sogenannte Römerburg ist der fantastische Hintergrund. Schon allein deshalb, weil zu einem richtigen Märchen oder einer Sage ein Schloss oder eine Burg gehören. Allerdings gilt für die Burg am Parsberg Ähnliches wie für das Pfennigbächlein. Heute ist von ihr nichts mehr zu sehen außer den Resten einer Wallanlage. Wahrscheinlich war das schon so, als die Sagen entstanden sind. Denn jede gängige Vorstellung von einer Burg geht fehl, wenn sie auf die Gebäude am Parsberg bezogen wird. Dort gab es niemals einen Bau aus Steinen. Die Burg bestand aus Wohntürmen, gefertigt aus Holz, und war wohl der Sitz eines Ministerialen im Mittelalter. Gefunden wurden Keramikbruchstücke und Ziegelschutt aus der Zeit des Hoch- und des Spätmittelalters, ebenso Armbrustbolzenspitzen aus dem 15. Jahrhundert. Möglicherweise stammen sie von den Soldaten, die im Jahr 1422 an der Schlacht bei Alling teilnahmen. Falsch ist die Behauptung von einer Römerburg. Zwar gibt es römische Funde in Germering, beispielsweise den Ziegelbrennofen an der nicht weit entfernten Straße nach Alling, doch die Burg auf dem Parsberg stammt aus dem Mittelalter.

Zwei Bänke stehen heute an dem Ort, an dem sich vor Jahrhunderten die Gebäude des Burgstalls erhoben haben. Blickt der Besucher etwas nach links, sieht er auf den Germeringer See, der etwa 20 Meter tiefer liegt, blickt er nach rechts, rückt der bewaldete Rücken des Parsbergs in den Blick. Dicht stehen die Bäume dort, ein Anblick, der Fantasiebegabte zum Erfinden von Geschichten anregen kann. Doch Wegelagerer, Goldsucher, wandernde Gesellen oder Seelen von Verstorbenen findet man nicht mehr.

© SZ vom 04.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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