Germering:Violinkunst als Klangsprache

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Die Bühnepräsenz der jungen Solisten Veronika Erberle beschränkte sich auf ihre Musik und ihr virtuoses Spiel. (Foto: Günther Reger)

Veronika Eberle überzeugt mit ihrer Stradivari und dem Münchner Kammerorchester in der Stadthalle

Von KLAUS MOHR, Germering

Sehr oft hat man im Landkreis nicht die Möglichkeit, eine originale Stradivari-Geige in einem Konzert zu erleben. Und doch sagen alle Experten, dass so ein Instrument zwar auch schön anzusehen ist, aber nur dann seinen herausragenden Klang entfalten kann, wenn es von einem hervorragenden Geiger gespielt wird. Beides kam zusammen, als am Freitag im Rahmen der Germeringer Klassik-Reihe die 1988 geborene Geigerin Veronika Eberle zusammen mit dem Münchner Kammerorchester im Orlandosaal zu hören war.

Es wäre nicht zutreffend, würde man die vollen Zuschauerreihen damit erklären, dass hier ein "Shooting-Star" auf der Bühne stand, der durch seine mediale Präsenz Aufmerksamkeit schon im Vorfeld auf sich gezogen hätte. Dafür tritt Veronika Eberle viel zu bescheiden auf, ist ihre Bühnenpräsenz auch ausschließlich auf ihre Musik und ihr Spiel beschränkt. Da gibt es nichts Sensationelles, was man ans Tageslicht befördern müsste, was nicht in der Musik Wolfgang Amadeus Mozarts schon selbstverständlich enthalten wäre. Insofern musste hier die Kunst darin bestehen, die in den Noten verschlüsselte Musik möglichst plausibel in Klang zu transferieren.

Das allerdings gelang in Mozarts Konzert für Violine und Orchester Nr. 4 in D-Dur KV 218 geradezu exemplarisch. Das Münchner Kammerorchester ist mit seinen 18 Streichern unter den Orchestern der Landeshauptstadt nicht nur hinsichtlich seiner stilistischen Vielfalt bemerkenswert, sondern auch wegen seiner klanglichen Flexibilität. Da das Orchester an diesem Abend ohne Dirigent musizierte, war sein Konzertmeister Daniel Giglberger zugleich der Leiter. Veronika Eberle stand jedoch in der Mitte und führte das Spiel auch an, leicht erkennbar daran, dass sie die Tutti-Einleitungen vor ihrem ersten solistischen Einsatz selbst mitmusizierte.

Dabei legte sie quasi schon eine Spur für ihre Interpretation, die Themenvorstellung wurde aber auch gleichzeitig zum gezielten Einschwingvorgang für die Orchestermusiker. Die Exposition des Allegro-Kopfsatzes geriet dabei wunderbar differenziert, insbesondere, was Artikulation und Dynamik anging, sodass die Idee von Musik als Klangsprache eine sehr konkrete Realisierung fand. Auf dieser Basis setzte die Solistin mit samtweichem, wunderbar leuchtendem Ton ein und präzisierte durch ihre Phrasierung die Deklamation der Motivik. Das Orchester nahm sich dabei ganz transparent zurück, sodass sich für die Geigerin ohne jeden Druck auf den Bogen ein von ihr klanglich herrlich erfüllter Raum ergab.

Im Andante entwickelte sich die solistische Stimme ganz aus dem Orchester heraus und wirkte wie eine klangliche Überhöhung. Veronika Eberle formte mit betörendem Ton ganz stringent geführte Kantilenen und reicherte diese mit ganz variablem Vibrato an. Im anspruchsvollen, aber technisch ganz untadelig musizierten Final-Rondo wurden die Bälle zwischen dem Orchester und der Solistin wie bei Jongleuren hin- und hergeworfen, und das Hörvermögen war ganz der musikantischen Koketterie zuzuschreiben.

Die Werke nach der Pause stammten beide von Joseph Haydn. Zunächst stand das Violinkonzert Nr. 1 in C-Dur Hob. VIIa:1 auf dem Programm. Hier waren die Interpretationsmaximen denen beim Mozart-Konzert vergleichbar, doch wollte sich ein symbiotischer Gesamtklang nicht so recht einstellen, weil die minutiöse Abstimmung zwischen Solistin und Orchester nicht mit so großer Präzision funktionierte. Der Titel "La Passione" und die Tonart f-Moll der Symphonie Nr. 49 Hob. I:49 verwiesen in der ästhetischen Klangwelt des 18. Jahrhunderts auf einen leidenschaftlichen Gestus. Die schwergewichtigen Akkorde im Kopfsatz Adagio, der dichte, sensibel austarierte Legatoklang und das schreitende Tempo übersetzten diesen Affekt hier tonschön in Klang. Im Gegensatz dazu stand der folgende Allegro-Satz, der mit großen und spannungsvollen Intervallsprüngen zu pulsierender Begleitung wie eine Konzentration auf die Lebenskraft wirkte.

Der Abend war eröffnet worden mit Intermezzo und Scherzo für Streichorchester von Franz Schreker. Am Schluss des Scherzo stand ein ätherischer Pizzicato-Ton. Eine Zugabe von Max Reger beendete das Konzert des Münchner Kammerorchesters.

© SZ vom 08.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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