Germering:Vielfältige Kontraste und klangliche Raffinesse

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Beim Faschingskonzert in der Stadthalle Germering musiziert Christoph Well gemeinsam mit den Münchner Philharmonikern. (Foto: Johannes Simon)

Musik vom Kammerorchester der Münchner Philharmoniker und launige Gstanzln von Stofferl Well begeistern Germeringer Publikum

Von KLAUS MOHR, Germering

Betrachtete man die Besucher des Faschingskonzerts des Kammerorchesters der Münchner Philharmoniker am Sonntagnachmittag im ausverkauften Orlandosaal, dann sah man ein interessiertes Konzertpublikum. Faschingsaccessoires blieben die große Ausnahme. Ähnlich war es auf der Bühne, auch wenn manche Fliege oder Krawatte ihren eigentlichen Besitzer, der der Profession eines Clowns nachgeht, nicht verleugnen konnte. Die Menschen waren der Musik wegen gekommen, und damit wurden sie auch belohnt. Das Kammerorchester der Münchner Philharmoniker ist quasi eine Miniaturausgabe des großen Orchesters. Die Verkleinerung bezog sich insbesondere auf die Streichergruppe, die auf gut 15 Mitspieler kam. Ebenso viele Musiker stellten die Bläser und das Schlagzeug, womit schon ein richtiger Saal und keine "Kammer" notwendig war, um den Klang aufzunehmen.

Dieses Kammerorchester stand unter der Leitung des Konzertmeisters der Philharmoniker, Lorenz Nasturica-Herschcowici, der in der Art eines Stehgeigers agierte und damit als instrumentaler Anführer und Dirigent eine Doppelfunktion ausübte. Man hätte auf den ersten Blick und rein optisch auch vermuten können, dass sich hier Simon Rattle aufs Podium verirrt hat, doch allein aus Gestik, Mimik und Körpersprache wurde schnell deutlich, dass hier eher ein musikalischer Clown am Werk war. Hinter dieser oberflächlichen Fassade verbarg sich allerdings ein ganz hervorragender Geiger und ein exzellenter Musiker, der das ganze Orchester wunderbar inspirierte und absolut im Griff hatte.

Los ging's mit der Ouvertüre zur Operette "Die Fledermaus" von Johann Strauß. Lorenz Nasturica-Herschcowici machte vom ersten Ton an kräftig Tempo, doch folgten auf den rasanten Beginn schon bald weiche lyrische Bögen, zu denen auch eine zauberhafte Oboenkantilene gehörte. Damit waren die Eckpunkte des Musizierens in diesem Konzert abgesteckt, nämlich vielfältige Kontraste und klangliche Raffinesse. Die Arie des Prinzen Orlowsky aus der "Fledermaus", "Ich lade gern mir Gäste ein", mutierte hier von der Hosenrolle zum entschlossenen Auftritt der Mezzosopranistin Cornelia Lanz, die mit lockerem Soubrettenton die Zuneigung zu alkoholischen Getränken ins Spiel brachte. In immer neuen Kostümen reüssierte sie später in der "Habanera" aus Georges Bizets Oper "Carmen" oder im Duett mit Tenor Oscar de la Torre und zwei roten Plüschherzen in Franz Lehárs "Dein ist mein ganzes Herz" aus der "Lustigen Witwe".

Immer wieder wurden von der Sängerin, wie bei einer Art Tanztee, Tanzpartner aus dem Publikum auf die Bühne geholt. Ganz so einfach war es auch nicht mit dem Alphorn, für das Stofferl Well extra eine "Alphornsinfonie" mit allerlei Anleihen an verschiedene Repertoirestücke komponiert hatte: Das Instrument reichte von der Bühne bis zu den Schultern eines Zuhörers in der ersten Reihe.

Am meisten gespannt war das Publikum aber wahrscheinlich auf die Moderation von Stofferl Well, dem auch harfespielenden Trompeter aus der Well-Familie. Im Gegensatz zur Musik, die zumindest in ihren Grundzügen zwar immer wieder hörenswert, aber dennoch bekannt war, erhoffte man sich von den Gstanzln, die Well zur Ziach vortrug, die eine oder andere verbale Spitze. Hier lernte man zum Beispiel, dass Germering, das eigentlich ein Anhängsel von Unterpfaffenhofen ist, erst dann eine Stadt ist, wenn sie ein Luxushotel hat. Oder, dass der Kreisel am Germeringer Stachus eigentlich ein Dreiviertelkreisel ist, weil es für mehr nicht gelangt hat. Der Grund für das Germeringer Gastspiel der Philharmoniker sei angesichts der Konzertsaaldebatte in Wirklichkeit, dass die Musiker endlich einmal in einem "gescheiten" Konzertsaal spielen wollten. "Perpetuum mobile" ist für Well nicht nur ein Stück von Johann Strauß, sondern auch der tägliche Stau der Automobile auf der A 96.

Und das vielleicht Beste an der Geschichte teilte Stofferl Well dem begeisterten Publikum vor der Zugabe des Radetzky-Marsches am Ende des Konzerts mit: Auch im nächsten Jahr wird es wieder ein Faschingskonzert des Kammerorchesters der Münchner Philharmoniker in Germering geben.

© SZ vom 09.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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