Germering:Unmut über den Vorsitzenden

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TTIP spaltet die SPD. Das macht die Germeringer Veranstaltung mit Günter Wolf (von links), Gerd Baumann und Klaus-Peter Müller deutlich. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Germerings SPD kritisiert Sigmar Gabriels Haltung zum geplanten Freihandelsabkommen mit den USA

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Die SPD gerät unter Druck der TTIP-Gegner. Das liegt weniger an ihren Mitgliedern an der Basis, sondern an ihrer Parteiführung, besonders an ihrem Vorsitzenden Sigmar Gabriel. Aber auch EU-Abgeordnete der Partei gehören zu den Befürwortern des Freihandelsabkommen der EU mit den USA. So sah sich die Germeringer SPD bei ihrer Veranstaltung zum Thema kritischen Fragen unter den 50 Besuchern ausgesetzt. Zuvor hatten Günter Wolf und Gerd Baumann, zwei Mitglieder des SPD-Arbeitskreises Oberbayern zu TTIP, ebenso kritisch wie umfassend über die Ziele des Freihandelsabkommens informiert. Die SPD-Basis hofft nun auf den Parteitag im Dezember in Berlin. Dort ist die Germeringer SPD jedoch nicht mit Delegierten vertreten.

In der anschließenden Diskussion ging schon der erste Frager hart mit der SPD ins Gericht: "Warum hat die SPD 2014 im EU-Parlament für den Investorenschutz gestimmt?" Dann legte der Besucher noch nach: "Ein Gabriel, der Pegida-Leute empfängt, aber nicht mit TTIP-Gegnern redet, spricht für sich." SPD-Referent Baumann gab dem Mann Recht: "Ich finde das genauso empörend wie sie." Er kritisierte auch die Tatsache, dass Gabriel bei der Übergabe der ersten 400 000 Protestunterschriften die Unterzeichner verhöhnte. Inzwischen haben den Aufruf gegen TTIP mehr als drei Millionen Menschen im Internet unterzeichnet.

Ein weiterer Diskutant wollte wissen, welchen Einfluss die oberbayerische SPD habe, um beim Parteitag eine ablehnende Resolution gegen TTIP durchzubringen. "Wie weit kommt das oben an?", wollte der Frager wissen. "Mehrere Münchner Ortsvereine haben einen gleich lautenden TTIP-kritischen Antrag zum Parteitag gestellt", antwortete Baumann. Gabriel werde sicherlich zur eigenen Gesichtswahrung einen Leitantrag des Parteivorstandes einbringen. Wie das ausgehe, wagte Baumann nicht zu prognostizieren. Die Germeringer SPD hat auf Nachfrage noch keinen Beschluss zu TTIP gefasst. "Wir haben das nicht rechtzeitig vor dem Antragsschluss zum Parteitag geschafft", räumte der SPD-Ortsvorsitzende Klaus-Peter Müller ein.

Günter Wolf vom SPD-Arbeitskreis Oberbayern hatte zuvor noch einmal das Pro und Kontra TTIP ausführlich dargestellt. Politisch ordnete er das Freihandelsabkommen als gegen China und Indien, den aufstrebenden Wirtschaftsnationen in der Welt, gerichtete Maßnahme von EU und USA ein. "Das ist auch ein Machtkampf", so Wolf, "setzen sich die westlichen oder die asiatischen Werte durch." Dabei spiele die Abschaffung von Zöllen, die sich zwischen den USA und der EU kaum unterschieden, eine untergeordnete Rolle. Auch werde TTIP keine zusätzlichen Arbeitsplätze schaffen. Wolf beschäftigte sich ausführlich mit dem im Freihandelsabkommen vorgesehenen Investorenschutz, zum Beispiel Klagen von Konzernen gegen Staaten auf einen entgangenen Gewinn. So klagen die Energiekonzerne Vattenfall und Eon aktuell gegen die deutsche Bundesregierung, weil diese nach dem Beschluss zum Atomausstieg ihre Atomkraftwerke abschalten mussten. "Es kann nicht sein, dass Staaten verklagt werden", so Wolf. US-amerikanische Rechtsanwaltskanzleien hätten mit den Schiedsgerichten ein millionenträchtiges Betätigungsfeld gefunden.

Wolf erkannte mit der Angleichung von technischen Standards nur einen positiven Aspekt in dem geplanten Abkommen. "Dafür braucht man TTIP nicht unbedingt", schränkte er ein. Eine Falle könnte bei TTIP die Negativliste sein: "Alles, was nicht genannt und ausgenommen ist, gilt." Diskutanten monierten, wie die beiden Referenten auch, die fehlende Transparenz und die Geheimniskrämerei bei TTIP. Bisher habe es elf Verhandlungsrunden gegeben, die letzte habe im Oktober dieses Jahres stattgefunden, so Baumann, "ohne öffentliche Ergebnisse". Auch von Gabriel gäbe es kein einziges Dokument mit echten Informationen. Die Bundestagsabgeordneten würden unwissend außen vor gelassen.

© SZ vom 25.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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