Germering:Unerschrockenes Triumvirat

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Reggae, Calypso, Bop, Swing: Das Michael Hornstein Groovy Organ Trio zeigt sich in der Stadthalle vielseitig

Von Jörg Konrad, Germering

Was in diesem Trio an Verschiedenartigkeit in puncto Spielauffassung, Spielgestaltung, Spielfreude und letztlich auch an Erfahrung gebündelt zum Ausdruck kommt, ist enorm. Da gibt es zum einen den Schlagzeuger (Pete York, Jahrgang 1942, der sich seine ersten Meriten in den hitzigen wie aufmüpfigen Sechzigerjahren des Swinging London verdiente. Damals wunderte sich (noch) niemand, dass die Popmusik eng verwandt mit Blues, Jazz und Gospel war. Der aus Middlesbrough stammende Meistertrommler arbeitete später im Spannungsfeld von klassischer und Weltmusik, agierte auch als Schauspieler, zeichnete verantwortlich für bis heute legendäre Schlagzeugshows in den Siebzigerjahren im Fernsehen und ist sich bis in die Gegenwart nicht zu schade, mit Musik-Clowns wie Helge Schneider aufzutreten.

Organist Matthias Bublath, Jahrgang 1978, hat Musik- und Musikhochschulen in Linz, Berklee und New York besucht, trat in Montreux, Johannesburg, Osaka und Montreal auf, wurde etliche Male mit renommierten Preisen ausgezeichnet und erarbeitete mit seinem Vater, dem Wissenschaftsjournalisten Joachim Bublat, die Multi-Media-Show Jazz Goes Universe.

Und dann wäre da natürlich der Kopf der Band, der Saxophonist Michael Hornstein, Jahrgang 1962. Er lebte als Musik-Professor in Kolumbien, arbeitete über Jahre in Mexiko, Kuba und Spanien, beschäftigte sich eine Zeit intensiv wie erfolgreich mit elektronischer und mit konzertanter zeitgenössischer Musik, drehte experimentelle Kurzfilme und Kunstvideos und war als Produzent tätig.

Was also kommt musikalisch dabei heraus, wenn diese drei so reichen wie unterschiedlichen Charaktere gemeinsam auf der Bühne stehen? Am Freitagabend konnte das Publikum in der Germeringer Stadthalle eine Musik genießen, die in ihrer Reife und Geschlossenheit, in ihrer unangestrengt wirkenden Einfachheit und ihrem herausfordernden Anspruch, in ihrer Ernsthaftigkeit und ihrem kurzweiligen Temperament absolut beeindruckte. Und wem bei dieser Aufzählung der sinnliche Moment fehlt - ihre Balladen, ihre Kunst der emotionalen und gefühlvollen Interpretationen bekannter und eigener Kompositionen, war brillant. Die unerschrockenen Drei warfen alles in den musikalischen Ring, was ihnen zur Verfügung stand. Das Spektrum reichte von Reggae bis Calypso, von Bop bis Swing, von Autumn Leaves über Duke Ellington bis zu fein ausbalancierten Kindermelodien.

Michael Hornstein badete regelrecht in Tönen und Leidenschaften. Mal elegisch, mal übermütig pointiert, mal sich stärker der Tradition andienend, mal in saftig freien Passagen schwelgend. Bei ihm gehen Handwerk und Innovation Hand in Hand.

Matthias Bublath ist in diesem Trio zum Glück kein sperriger Klavierakrobat. Er "produziert" an der Orgel soulige Sounds, schafft spannende Atmosphären und vor allem einen Killergroove. Doch auch sein Understatement und seine spürbare Sensibilität beinhalten genügend Explosivität, um der Musik ein gewisses Feuer zu geben. Der packende Energieschub aber kommt von Pete York. Der Schlagzeuger beherrscht die hohe Kunst des Spiels - nicht indem er mit Paukenschlägen für ein großes Spektakel sorgt. York ist ein musikalischer Schlagzeuger, der an diesem Abend die Feinheiten seines Instruments auslotete. Er treibt die Musik an, gibt ihr Schwung und Charme und zudem jede Menge Authentizität.

Diese Band ist eine Entdeckung - und es wäre ein echter Segen, nicht nur für den Jazz, aber ganz besonders eben doch für ihn, wenn das Michael Hornstein Groovy Organ Trio noch eine Weile zusammenbleiben würde.

© SZ vom 29.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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