Germering:Teurer Parkplatz

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Richter verurteilt 28-Jährigen wegen Beleidigung und Nötigung zu Geldstrafe und spricht ein einmonatiges Fahrverbot aus

Von Ariane Lindenbach, Germering

Weil er schon wieder von seinem Lieblingsparkplatz vor einem Garagentor vertrieben wurde, soll ein 28-jähriger Münchner gegenüber einer zwei Jahre jüngeren Frau in Germering völlig überreagiert haben. Wie ihm nun die Anklage zur Last legte, soll er die 26-Jährige nicht nur als "Missgeburt" und ähnliches beleidigt, sondern sie und ihren Vater auch noch mit seinem Auto bedroht haben, indem er auf beide zugefahren war. Vor dem Brucker Amtsgericht tischte der 28-Jährige nun eine haarsträubende Geschichte auf. Demnach hatte er nur eine Beleidigung der 26-Jährigen entsprechend erwidert und sein Auto nicht als mobiles Drohmittel zweckentfremdet. Seine Behauptungen wurden jetzt in der Verhandlung durch die Aussagen der jungen Frau und ihres Vaters widerlegt. Gegen den 28-jährigen Münchner verhängte der Richter wegen Beleidigung und Nötigung 2000 Euro Geldstrafe sowie einen Monat Fahrverbot.

Sein Mandant habe Frau und Kind bei ihren Eltern abgeholt und sein Auto auf Bitten der 26-Jährigen umgeparkt, begann der Verteidiger. Im Treppenhaus sei er der jungen Frau erneut begegnet. Da sie ihn als "Hurensohn" beleidigt habe, sei er ebenfalls beleidigend geworden. "Aber doch nicht Hurensohn, das ist abwegig", fuhr der Vorsitzende unwirsch dazwischen. Das Wort sei ein typisches Schimpfwort des arabischen Kulturkreises, aber nicht für eine junge deutsche Frau, erklärte er. Zudem stehe von dieser Beleidigung der 26-Jährigen nichts im Polizeiprotokoll. Dort fand er aber eine andere Stelle, die ihn stutzen ließ. "Die Frau des Beschuldigten gibt an, dass ihr Mann sie immer so begrüßt", bezog sich Richter Johann Steigmayer nun auf die "Missgeburt". "Ts, ts, ts", zischte der Angeklagte und wedelte mit dem Zeigefinger hin und her. So würde er seine Frau, mit der er nach muslimischem Recht, aber nicht standesamtlich verheiratet ist, niemals nennen. Und er würde auch nie auf einen Menschen zufahren, beteuerte er.

Wie es der Richter schon geahnt hatte, widersprach die 26-Jährige der Darstellung des Münchners. Erstens habe sie überhaupt keinen Grund gehabt, ihn zu beleidigen, nachdem er sein Auto umgeparkt hatte. Und zweitens, "ist mein Vokabular so groß, ich müsste ihn nicht so nennen". Als ihr Vater an jenem Abend dazukam, "war das ein Riesengeschrei im Hausflur, wie in einem schlechten Film". Der Angeklagte habe sich "wie ein Gockel" aufgeführt. Der Zeugin zufolge verlagerte sich das Geschehen nach draußen, wo sie sich vor das Auto des 28-Jährigen stellte, um sein Nummernschild zu fotografieren, während dieser in sein Auto stieg. "Er hat gesagt, ich fahr dich um", sei dann "sportlich losgefahren" und habe sie am Knie berührt, so dass sie sich mit beiden Händen auf der Motorhaube abstützen musste. Als sie sich von dort entfernte, fuhr er wieder los, diesmal mit einem Schlenker auf ihren Vater zu. Allerdings ohne diesen zu berühren.

Der 66-jährige Vater der jungen Frau und zudem Eigentümer des Mehrfamilienhauses, in dem die Schwiegereltern des Angeklagten wohnen, bestätigte die Schilderungen seiner Tochter. Auf die Aussage der Frau des Münchners verzichtete der Richter, um sie vor einer Falschaussage zu schützen. Da die Situation, als der Angeklagte auf die beiden zufuhr, laut Zeugen nicht wirklich gefährlich war, komme statt Straßenverkehrsgefährdung auch eine weniger gravierende Nötigung in Frage, erklärte der Richter. Die Anregung des Verteidigers, das Verfahren gegen Auflagen einzustellen, lehnte der Staatsanwalt ab.

"Dass er hier ein Auto verwendet hat, um auf die Zeugin zuzufahren", das kreidete der Staatsanwalt dem Angeklagten ebenso an wie die deftigen Beleidigungen. "Ich habe den Eindruck, dass er sich öfter mal aufmandelt", sagte er und beantragte 45 Tagessätze zu je 40 Euro Geldstrafe und drei Monate Fahrverbot. Der Verteidiger gab zu bedenken, "dass es so dramatisch, wie es in den Akten stand, nicht war". Er forderte 1050 Euro Geldstrafe und den vor zwei Monaten eingezogenen Führerschein sofort zurück. Den erhält der Münchner jetzt nach dem Urteil des Amtsrichters mit einem Monat Fahrverbot umgehend zurück. Überdies muss er 2000 Euro Geldstrafe bezahlen. "Ich sage immer, wer beleidigt, hält sich selbst einen Spiegel vor", sagte der Vorsitzende in seiner Urteilsverkündung.

© SZ vom 24.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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