Germering:SPD will ihren Horizont erweitern

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Puchheims Bürgermeister Norbert Seidl (links) und der Gröbenzeller Gemeinderat Peter Falk in Germering (Foto: Reger)

Zur Bewältigung der Probleme im Ballungsraum München schaut der Kreisverband nun auf die ganze Metropolregion

Von Gerhard Eisenkolb, Germering

Seit Jahren scheitert die SPD im Kreistag mit ihren Vorstößen zum Bau von Sozialwohnungen und zur Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft für den Landkreis an der konservativen Mehrheit von CSU und Freien Wählern. Nun suchen die Sozialdemokraten nach anderen Lösungswegen und Partnern. Das ist kürzlich beim SPD-Unterbezirksparteitag in der Stadthalle Germering erkennbar geworden. So kündigte der Puchheimer Bürgermeister Nobert Seidl zum Dauer-Nein von Landrat Thomas Karmasin (CSU) an, den Bau von bezahlbarem Wohnraum im Landkreis selbst zu koordinieren.

"Wenn der Landkreis sich weigert, nehmen wir das in die Hand", sagte er selbstbewusst. Seidl ließ allerdings offen, ob er damit seine Bestrebungen meinte, mit den Bürgermeistern von Olching und Gröbenzell gemeinsam eine Wohnbaugesellschaft zu gründen, oder ob er größere Allianzen im Blick hat.

Allerdings mahnte Seidl vor den Delegierten, von denen viele ein Gemeinde- oder Stadtratsmandat haben, eine größere "Anstrengungsbereitschaft" an. Man müsse wollen und Anreize schaffen, um endlich den Widerspruch der reichsten Region Deutschlands aufzulösen. Dieser besteht darin, Menschen mit einem normalen Einkommen keinen bezahlbaren Wohnraum mehr zur Verfügung zu stellen. Die Standardantwort von Politikern aus dem Landkreis, das gehe nicht, will Seidl nicht mehr länger hören.

Eigentlich lautete das Thema des Parteitags, Antworten auf die politischen Herausforderungen für den Ballungsraum München zu finden. Und umgehend drehte sich die Debatte fast ausschließlich um das "Megathema" Wohnungsnot. Angesichts der Größe des prognostizierten Wachstums für die Region München mit einem Zuzug von weiteren 300 000 Menschen in den kommenden zehn Jahren, hielt es der Eichenauer Landtagsabgeordnete Herbert Kränzlein nicht mehr für ausreichend, sich bei der Suche nach der Lösung der Probleme weiter nur auf den Ballungsraum München zu beschränken. Der Parlamentarier forderte, dazu einen größeren Raum, nämlich die gesamte Metropolregion mit den beiden Städten Augsburg und Ingolstadt ins Auge zu fassen.

Wie Seidl konnte auch Kränzlein den Widerspruch von großem Reichtum einerseits und großer Wohnungsnot andererseits nicht auflösen. Auch der SPD-Kreisvorsitzende Michael Schrodi beließ es bei der allgemeinen Forderung nach einer ordentlichen Besteuerung hoher Vermögen, damit der Staat wieder handlungsfähig werde und damit sich Menschen die hohen Lebenskosten im Ballungsraum wieder leisten könnten.

Kränzlein belegte das Versagen des CSU-geführten Freistaats mit dem Sinken des Bestands an Sozialwohnungen. Dieser sei in den Jahren 1999 bist 2014 von 250 000 auf 130 000 Wohnungen gesunken, er habe sich also fast halbiert.

Lösungsansätze zur Intensivierung des Wohnungsbaus wurden nur pauschal angesprochen. Dazu sollen Kommunen finanziell besser ausgestattet werden, die interkommunale Zusammenarbeit verstärkt werden, der Landkreis nach dem Ebersberger Modell selbst in die Förderung des Wohnungsbaus einsteigen, Wohnungsbaugenossenschaften gefördert und belebt werden, Firmen dazu animiert werden, für ihre Mitarbeiter Werkswohnungen zu errichten und bereits bebaute Quartiere nachverdichtet werden.

Bei der Ausweisung von neuem Baurecht, darauf wies Kränzlein hin, kann über städtebauliche Verträge mit dem Investor oder Grundstückseigentümer festgeschrieben werden, dass ein Anteil von rund 30 Prozent der neuen Wohnflächen verpflichtend für den sozialen Wohnungsbau zu reservieren ist. Sonst könnten sich irgendwann nur noch Millionäre Wohneigentum in der Region leisten.

Kathrin Sonnenholzner, die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, prognostizierte unter Berufung auf die Bertelsmann Stiftung für die Metropolregion bis zum Jahr 2030 einen Anstieg der Pflegebedürftigen um mehr als 80 Prozent. In Kombination mit dem schon jetzt bestehenden Fachkräftemangel im Pflegebereich sei das alarmierend.

Die Abgeordnete aus Jesenwang bezeichnete die Gewährleistung der Pflege als eine der "drängendsten" Zukunftsfragen. Zurzeit tragen noch Familienangehörige die Hauptlast der Pflege. Diese häusliche Pflege bezeichnete Sonnenholzner als Auslaufmodell. Der Grund: Mit der zunehmenden Berufstätigkeit von Frauen fehlt die Zeit zur Betreuung der Eltern oder Schwiegereltern.

© SZ vom 14.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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