Germering:Schlag auf Schlag

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Bei der Premiere des Landesfilmfestivals im Germeringer Cineplex werden an einem Wochenende 36 Kurzfilme gezeigt.Im gut besuchtenSaal ist das ganze Spektrum des Genres zu sehen, von Dokumentation bis Animation, von gut bis verbesserungsfähig

Von Florian J. Haamann, Germering

Für viele Hobby- und Amateurfilmemacher aus der Region war es wohl das wichtigste Wochenende des Jahres. Denn am Samstag und Sonntag fand im Germeringer Cineplex Kino das Landesfilmfestival Südbayern statt. Gezeigt wurden 36 Kurzfilme, die nicht nur einem größeren Publikum gezeigt, sondern auch von einer Fachjury bewertet wurden. Nach intensiven Beratungen sollten am späten Sonntagnachmittag die Ergebnisse bekannt geben werden. Bis Redaktionsschluss standen die Sieger noch nicht fest. Auf jeden Fall dürfen sie sich beim Bundeswettbewerb mit den Siegern der anderen Landesfilmfeste messen. Organisiert wurde das Festival vom Münchner Film und Videoclub, der in Germering sitzt.

Nachdem bereits den ganzen Samstag über Filme gezeigt wurden, ging es auch am mit den letzten zehn Filmen Sonntag Schlag auf Schlag. Das Spektrum reichte dabei von einer Dokumentation über einen integrativen Kindergarten über einen überraschenden Urlaubsfilm bis zu einem Animationsfilm über die Freiheit. Trotz der für Kino frühen Uhrzeit, Beginn war um neun Uhr, war der Saal, der 180 Besucher fasst, gut gefüllt.

Relativ unspektakulär klingt der Titel des Films von Hartmut Schreiber: "Urlaub 2015 - All inclusive". In der Beschreibung heißt es dann noch "Erlebnisse einer Urlaubsreise". Und die ersten Minuten des Films zeigen genau das, was er ankündigt: Klassische Pauschalreise-Bilder aus einem Hotel in Tunesien, unterlegt mit einem emotionslosen Kommentar: Menschen im Pool, Menschen bei Volleyball-Spielen, Animateure, die am Abend auf der Bühne für Stimmung sorgen. Dann geht es auf einen Ausflug, der Sprecher erzählt: und am Nachmittag fuhren wir dann in unser Hotel zurück.

Und plötzlich wird es im Hintergrund laut, man sieht die Hotelanlage und es fallen Schüsse, ein Datum wird eingeblendet: 26. Juni 2015. Es ist der Tag, an dem ein Attentäter am Strand 38 Menschen erschossen hat. Genau zu der Zeit, in der Filmemacher Schreiber dort war. Im Gegensatz zu vielen anderen Touristen bleibt er, filmt in den Folgetagen das Geschehen am Strand. In seinem Film sind das Militär und die Wachleute zu sehen, die die Anlagen schützen, ranghohe Politiker aus aller Welt, die der Opfer gedenken. Gerade weil es Amateuraufnahmen sind, wirken die Bilder überaus authentisch, es entsteht eine bedrückende, gespenstige Atmosphäre. Zwar gibt es keine Dramaturgie, keine Action und der Erzähler bleibt weiterhin distanziert und emotionslos, dennoch erreicht der Film den Betrachter, er wertet nicht, klagt nicht an, sondern dokumentiert einfach.

Eine wesentlich klarere Aussage hat da der Film von Tomas Häring. Schon der Titel "Der geschundene Lech" zeigt, wohin es geht. Mit beeindruckenden Naturaufnahmen und Bildern der vielen Kraftwerke und Staustufen zeigt Häring, wie sehr der Mensch den Lech industrialisiert hat. Eine Grafik verdeutlicht, dass es insgesamt 35 Stellen gibt, an denen der Mensch in den Flusslauf eingegriffen hat. Häring erzählt die Geschichte vom ersten Kraftwerk Anfang des 20. Jahrhunderts über die systematische Nutzung durch die Nationalsozialisten bis zur heutigen Situation. Sein Film ist eine laute Anklage gegen den Menschen, der die Schönheit des Lechs, die Häring immer wieder mit wunderschönen Drohnenaufnahmen gegenüberstellt, weitgehend zerstört hat.

Aber nicht alle Filme waren so ernst wie diese beiden. Xaver Mayer zeigte den zweiminütigen Animationsfilm "Der 'KLEINE' Unterschied". Darin schwenkt die Perspektive vom Büro eines zeitungslesenden Managers über ein Hirschgeweih an der Wand ins Nebenbüro, wo der Rest des Hirsches auf einem Schreibtisch steht, an dem ein Arbeiter am Computer sitzt. Plötzlich erscheint im Hintern des Hirschen eine Karte, die "Arschkarte". Wenige Szenen, mit einer klaren Ansage und einer Menge Humor.

Nachdem die zehn Filme gelaufen waren, trat die Jury auf die Bühne, um über das Gesehene zu diskutieren. Dabei gingen die sechs Juroren wenig zimperlich mit den Filmen um. So lautet das Urteil von Kameramann Frank Heinig über einen Film, der einen Schwertransport von Deutschland nach England begleitet: "Tolles Thema, aber nicht so toll umgesetzt. Mir fehlen da die Personen". Und Jurykollege Jürgen Liebenstein ergänzte: "Das Problem sind nicht mal die Bilder, sondern der emotionslose Kommentar". Aber auch das gehört zum Konzept des Festivals: Die Filmemacher sollen von Profis Tipps und Hilfestellung bekommen, um im nächsten Jahr noch besser zu werden.

© SZ vom 06.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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