Germering:Romantischer Bogen

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Eine klangschöne Ausdruckspalette bietet das Abaco Orchester bei seinem Konzert in Germering. (Foto: Reger)

Das Abaco Orchester überzeugt in Germering

Von Klaus Mohr, Germering

Jugendorchester gibt es im Münchner Raum in großer Zahl, ein Beweis dafür, dass es viele junge Leute gibt, die ein Orchesterinstrument auf gutem Niveau spielen und sich zudem für klassische Musik engagieren. Das Abaco Orchester, das im Orlandosaal zu hören war, wurde 1988 von Studenten der Ludwig-Maximilians-Universität gegründet. Dass sich Studierende auch in Zeiten dich gedrängter Studienpläne einmal wöchentlich und dazu noch zu Probentagen im Semester treffen, um ein veritables Konzertprogramm zu erarbeiten, stimmt optimistisch: Musik wird offensichtlich immer noch als sinnvolle Freizeitbeschäftigung und wohltuender Ausgleich zu den Anforderungen in Studium und Beruf erlebt. Gleichzeitig setzen sich die Studenten musizierend mit dem kulturellen Erbe vergangener Jahrhunderte auseinander. Die Leitung hatte der Dirigent Joseph Bastian.

Das Abaco Orchester war mit fast einhundert Instrumentalisten so groß besetzt, dass sich die Zahl der Musiker auf der Bühne und die der Zuhörer im Saal etwa die Waage hielt. Das aber dürfte kein Problem gewesen sein, weil auch der Beifall einschließlich des lauten Getrampels deutlich stärker von der Bühne als aus dem Saal kam. Die Musiker spielten also, auch wenn ihre Interpretationen alles andere als introvertiert waren, wesentlich zu ihrer eigenen künstlerischen Bereicherung. Zu Beginn stand Ludwig van Beethovens Ouvertüre zum Ballett "Die Geschöpfe des Prometheus" op. 43 auf dem Programm. Es handelt sich um feurige Musik, die im Kontext der ersten Symphonien entstanden ist. Diesen Impetus nahmen der Dirigent und das Orchester sehr schön auf. Sie setzten auf federnden Klang und einen ungestümen Drive, wodurch das Tempo nicht immer ganz sicher stand.

Robert Schumanns Konzertstück für vier Hörner und großes Orchester op. 86 folgte. Das Werk ist insbesondere bei den Hornisten gefürchtet, weil es hohe Anforderungen an die Spieltechnik stellt und die Gefahr, dass der eine oder andere Ton nicht zuverlässig anspricht, groß ist. Dafür hatte sich das Abaco Orchester vier junge Profis als Solisten geholt, nämlich Carsten Carey Duffin, Milena Viotti, François Bastian und Casey Rippon. Der Kopfsatz (lebhaft) war im Tempo vielleicht etwas rasch, was sich ungünstig auf die Präzision auswirkte. Dadurch aber gelangen große romantische Bögen und eine symphonische Größe leichter. Die Balance des Orchesters zu den Solisten geriet überzeugend, weil der Gesamtklang deutlich zurückgenommen war, wenn die Hörner im Vordergrund standen. Auf das fließende Melos der Romanze folgte ein höchst vitaler Finalsatz (sehr lebhaft). Unweigerlich drängte sich der Eindruck auf, dass sich die Virtuosität der Hornisten, die mit oft schmetterndem Ton zu hören waren, äußerst motivierend auf die Musiker im Orchester auswirkte. Deren Spiel wiederum spornte auch wieder befruchtend die Solisten an.

Nach der Pause erklangen symphonische Auszüge aus Richard Wagners "Der Ring des Nibelungen". In der Zusammenstellung der instrumentalen Highlights kam der vielfältige Klang symphonischer Filmmusik sehr nahe. Es war erstaunlich, mit welcher Sorgfalt klangliche Strukturen freigelegt und in den Gesamtkontext eingebettet waren. Im Rheingold-Vorspiel war der scheinbar unendlich lang wogende Es-Dur-Klang im Sinn einer Klangarchitektur dynamisch klug gefasst und bis zum Ende mit höchster Konzentration durchgehalten. Große Wirkung entfaltete der Walküren-Ritt, der farbig Streicher und Bläser sehr präzise zueinander in wunderbaren Kontrast setzte. In dunklem Timbre erhoben sich Streicher- und Bläsersolisten in "Waldweben" über einen fein gewebten Klangteppich. Vom Blechbläsersatz dominiert waren die Ausschnitte aus der Götterdämmerung, doch blieb trotz des dichten Stimmengewebes eine klare Struktur stets erhalten. Leise und geheimnisvolle Klänge sowie eine tänzerische Attitüde erweiterten klangschön die Ausdruckspalette.

© SZ vom 20.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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