Germering:Praktischer Kunstunterricht

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Schüler der Eugen-Papst-Schule in Germering sprühen die Wände der Tiefgarage unter der Stadthalle neu. Auf 200 Metern Länge dürfen sie ihre Entwürfe als Graffiti umsetzen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, ist aber schon dem Vandalismus ausgesetzt

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Stolz schreiten einige Schülerinnen und Schüler der Eugen-Papst-Förderschule ihre Werke ab. Dabei müssen sie in der Tiefgarage der Germeringer Stadthalle ziemlich lange laufen. Fast zweihundert Meter lang sind die Wände, auf die sie Graffiti gesprüht habe. Das Projekt, angeleitet von ihrem Lehrer Oliver Beran, hat ein Jahr gedauert. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.

"Es waren kahle Wände, die darauf gewartet haben, verziert zu werden", lobte Oberbürgermeister Andreas Haas bei der Vernissage am Dienstag die Arbeiten der Schüler und fügte hinzu: "Unsere Tiefgarage hat dadurch sehr gewonnen."

Sofort sticht dem Betrachter ein großes Schiff ins Auge. Vorne am Bug ist "Eugen-Papst-Schule" zu lesen. Eine Schiffsreise ist offenbar ein Traum der Schüler. "Mit Freude und Stolz stehe ich hier", erklärte Schulleiterin Rita Malterer-Forster spürbar beeindruckt in ihrer Laudatio. "Die Schüler hatten freie Hand bei der Motivwahl." 90 Schülerinnen und Schüler vieler Klassen hätten sich an diesem Projekt beteiligt. Zunächst habe es einen Ideenwettbewerb gegeben, bei dem jede Menge Vorschläge für Graffiti-Gemälde kamen.

"Wir haben alle Entwürfe per Overhead-Projektor an die Wand geworfen und dann zusammen entschieden, was wir nehmen", erläuterte Kunstlehrer Beran, der seit zwölf Jahren freiberuflich an der Schule tätig ist, die Vorgehensweise. 20 Außentermine seien notwendig gewesen, um das lange Graffiti-Band zu realisieren.

Die Kinder hätten emsig mitgearbeitet. So auch Julian aus der siebten Klasse, der gerade interessiert die Gemälde abläuft. "Da ist mein 'Wonderland'", sagt er und zeigt er auf einen großen Schriftzug. Er hatte den Entwurf gemacht. "Alles wurde nicht genommen", bedauert er ein wenig. Aber der braun gemalte Baum ist noch da.

Maria, Naomi, Lansi und Nat aus der neunten Klasse führen Besucher zu einem Gemälde, auf dem das Meer aus einem Schiffsbullauge zu sehen ist. Das Quartett geht weiter und bleibt vor einem großen roten Auto stehen. "So ein ähnliches Auto steht vor unserer Schule", sagt Maria. Jetzt düst es mit Raketenantrieb an der Wand der Tiefgarage entlang.

"Wir haben zunächst eine Grundierung auf die Wände aufgetragen", erzählt Oliver Beran. Dann wurden die Entwürfe nach und nach übertragen. Eine in Grün gehaltene Erdkugel ziert ein Eck der Tiefgarage. Auf der anderen Seite haben auch Vorschüler sich mit bunten Fingerfarben verewigt. Die Kleinen durften noch nicht sprühen. Das war den Viert- bis Neuntklässlern vorbehalten. "Die fünften und sechsten Klassen waren die kreativsten", hob Rektorin Malterer-Forster noch hervor. Vor allem asiatische Comics beherrschen die Szenerie. "Das sind Manga-Figuren", klärt Beran auf. Zu erkennen ist eine riesige, sehr schön gesprühte Katzendame mit Tigerschwanz. Auch ein grüner Außerirdischer schaut von der Wand herab.

Kunst- und Werkenlehrer Beran zeigte sich erfreut, dass die Schüler dieses Projekt so gut angenommen haben. Er konfrontiert sie auch sonst mit verschiedenen Handwerken und führt sie an die Bearbeitung von Metall, Holz oder Beton heran. Aber auch die Malerei komme nicht zu kurz. "Das Interesse der Kinder ist generell gut", sagt Beran, "Graffiti hat sie natürlich besonders gereizt." Die Schüler hätten aber auch gemerkt, dass manche Ideen und Entwürfe nicht leicht umzusetzen sind. Beran musste in den Tagen vor der Vernissage zweimal ausrücken, um Schmierereien in der frei zugänglichen Tiefgarage zu übermalen. "Das lässt sich nicht vermeiden", so Beran. Er rechnet auch damit, dass dies bald wieder vorkommt. Alle zwei Monate, denkt er, müsse er gucken, ob wieder ein Sprayer die Gemälde verunstaltet habe. "Wenn es ganz schlimm wird, müssen wir die Gemälde ganz austauschen", so der Lehrer.

Vergnügt nahm auch Stadthallenleiterin Medea Schmitt die Verschönerung in der Tiefgarage zur Kenntnis. "Jetzt haben wir nicht nur Kunst am und über den Bau, jetzt haben wir auch Kunst unter dem Bau." Es ist nicht das erste Mal, dass Schüler der Eugen-Papst-Schule für die Stadthalle tätig wurden. Schmitt erinnerte an den Benefiz-Galaball vor drei Jahren, für den die Schüler die venezianische Dekoration entworfen hätten. "Wir pflegen freundschaftliche Beziehungen zur Stadthalle", sagte Schulleiterin Malterer-Forster.

© SZ vom 16.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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