Germering:Offene Worte über ein Tabuthema

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"Das Raubtier kann hinter jeder Ecke lauern": Sarah Elise Bischof in der Stadtbibliothek. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Autorin Sarah Bischof stellt ihr Epilepsie-Buch vor und beantwortet Fragen zu ihrer Erkrankung

Von Katharina Knaut, Germering

Veranstaltungen am Weltfrauentag haben in der Regel sehr ähnliche Titel, solche wie "Kleopatra und andere Alpha-Frauen", "Ich, das Mädchen und die Frau" oder "#metoo". Umso mehr überrascht die Ankündigung der Germeringer Fraueninitiative und der Gleichstellungsstelle der Stadt, anlässlich des Weltfrauentages eine Lesung mit dem Titel "Panthertage. Mein Leben mit Epilepsie" zu veranstalten. Doch die ungewöhnliche Ankündigung hat Erfolg. Mehr als 20 Besucher belegen beinahe alle Plätze in der Stadtbibliothek. Auch ein paar Männer sind unter den Gästen.

Renate Konrad, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt und eine der Veranstalterinnen des Abends, spannt ihre Besucher nicht lange auf die Folter und enthüllt bereits zur Begrüßung den Anlass für diese Lesung: Sie sieht es als ihre Aufgabe als Gleichstellungsbeauftragte, Vorbilder vorzustellen, die trotz Schwierigkeiten ihren Weg gehen. In Sarah Bischof, Autorin des Buches "Panthertage", sieht sie eine solche Frau. Epilepsie sei eine Krankheit, die viele Menschen in Deutschland betreffe, die von vielen aber auch versteckt werde, sagt Konrad. "Ich bewundere ihren Mut, ihre Geschichte zu veröffentlichen".

Das Buch ist ein autobiografischer Roman, der von Bischofs Leben seit der Diagnose erzählt, von den Anfällen, den regelmäßigen Krankenhausaufenthalten, den Schuldgefühlen gegenüber Freunden und Familie und den Auswirkungen auf ihren Alltag. Die Krankheit sei immer noch ein Tabuthema, aus diesem Grund habe sie das Buch geschrieben, so Bischof. Aber es soll nicht nur Epileptikern Mut machen, sondern richtet sich an alle, die diskriminiert werden. Vor allem anderen Frauen will sie damit Vertrauen in die eigenen Kräfte vermitteln. Sie bezeichnet sich selbst als Feministin. "Eigentlich ist jeder Tag ein Weltfrauentag. Aber es ist wichtig, dass es einen Tag gibt, der auf die Missstände aufmerksam macht und zeigt, wie individuell Frauen sind." Als Empfehlung rät sie ihren Zuhörerinnen, sich nicht darauf zu konzentrieren, was man nicht kann, sondern nur darauf, was man kann.

Ein Motto, dass sie sich zu eigen machte, als die Krankheit ihren Alltag zu bestimmen drohte und sie nur im Blick hatte, was sie am Tag alles nicht erledigen konnte. Mit einer Psychotherapeutin hat sie schließlich dieses Konzept erarbeitet. "Jetzt nehme ich mir nur noch längerfristige Aufgaben vor", liest sie aus ihrem Buch. "Ich sage mir: was kann ich schaffen? Und darauf konzentriere ich mich." An ausgiebige Tagesplanung sei mit Epilepsie nicht zu denken. Theoretisch kann sie in jeder Sekunde das Bewusstsein verlieren und von Krämpfen geschüttelt werden. Daher kommt auch der Titel "Panthertage". "Es ist wie ein Raubtier, das hinter jeder Ecke lauert und mich jederzeit anspringen kann."

Epilepsie und Gleichstellung: zwei ernste Themen an einem Abend. Dennoch kann man die Stimmung nicht als bedrückend bezeichnen. Bischofs Buch, das Fiktives mit Realem verbindet, ist humorvoll geschrieben und behält selbst an den erschütterndsten Stellen einen leichten selbstironischen Unterton. In der anschließenden Diskussionsrunde beantwortet sie unbefangen die zahlreichen Fragen zu ihrer Krankheit. Vor allem diese Gelassenheit beeindruckt die Besucher: "Wo nehmen Sie nur diese innere Ruhe her?", fragt eine Besucherin. Es sei ihr wichtig, die Fraueninitiative zu unterstützen, erklärt eine Besucherin. Auch deswegen sei sie gekommen. "Ich habe beinahe mein ganzes Leben mit Männern gearbeitet und musste mich durchbeißen." Sie findet es wichtig, über Gleichberechtigung zu sprechen. Wie Bischof ist sie jedoch der Meinung, dass dazu nicht ein besonderer Tag nötig sein sollte.

© SZ vom 10.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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