Germering:Notheirat als Beginn

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Gemeinsam mit den Enkeln unternahm das Ehepaar viele Reisen nach Tirol und an die Adria. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Ein Germeringer Ehepaar feiert seinen 70. Hochzeitstag

Von Isolde Ruhdorfer, Germering

Manchmal hat man nicht viel Zeit, um wichtige Entscheidungen zu treffen. Doch das heißt nicht, dass es eine schlechte Entscheidung wird. Aloysia und Johannes Alger heirateten, ohne lange nachzudenken. Es war die richtige Entscheidung. 70 Jahre später feiern sie gemeinsam ihre Gnadenhochzeit.

Kommt man in das gemütliche Haus, das die beiden seit 60 Jahren gemeinsam bewohnen, wird einem sofort der selbst gemachte Holundersaft angeboten. Den hat Aloysia Alger, die in Wörth an der Isar geboren wurde, selbst gemacht. Seit Kurzem kann sie dieser Leidenschaft nicht mehr nachgehen, da sie einen Rollstuhl benutzen muss. Dafür ist ihr Mann umso aktiver. Allen bietet er etwas zu essen und natürlich den Holundersaft an, jeder wird von ihm zur Tür begleitet. Der 92-Jährige wurde in Peiting geboren und begann später ein Praktikum im Gut Freiham. Dort lernte er auch seine künftige Frau kennen, die inzwischen nach Freiham gezogen war. Doch 1943 musste er zum Arbeitsdienst ins besetzte Frankreich, später dann sogar zur Wehrmacht. Zwei Jahre später kehrte er nach Freiham zurück und beendete dort seine Landwirtschaftslehre. Im April 1948 wurde ihm eine Stelle beim Maierwirt in Germering vermittelt. Er konnte dort eine Zweizimmerwohnung beziehen, musste dafür aber verheiratet sein.

"Das Ulkigste ist, dass wir damals gar nicht ans Heiraten gedacht haben", sagt die 91-Jährige heute. Doch dann musste alles ganz schnell gehen. Weniger als sechs Wochen später, am 8. Mai 1948, fand die "Notheirat" statt. "Und wenn man so heiratet, hält es 70 Jahre", scherzt die einzige Tochter Renate Langhein. Bereut hat das nun 70 Jahre verheiratete Paar die schnelle Hochzeit aber nie. "Wir sind immer gut ausgekommen", sagt Aloysia. Dann fügt sie noch hinzu: "Die Not hat uns zusammengeschweißt." Denn schon im Juni nach der Hochzeit wurde die Währung von Reichsmark auf Deutsche Mark umgestellt, und das Ehepaar hatte viele Jahre mit Schulden zu kämpfen. Doch ab der Silberhochzeit ging es aufwärts. Da machten sie auch ihre erste gemeinsame Reise nach Reith in Tirol. Von da an ging es jedes Jahr in den Urlaub, meistens nach Südtirol, zwei Mal sogar an die Adria. Später verreisten sie immer mit den zwei Enkeln.

Heute haben sie sogar drei Urenkel, auf die sie, genau wie auf ihre Enkel, sehr stolz sind. Davon zeugen unzählige Fotos an den Wänden und auf Kommoden. Das Verhältnis zur Tochter war immer von gegenseitiger Unterstützung geprägt. "Wir sind so glücklich, dass wir sie haben", sagt Johannes Alger von ihr. Sie sagt dazu nur: "Irgendwann kommt was zurück."

© SZ vom 09.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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