Vortrag am Max-Born-Gymnasium:Interkulturelle Unterschiede

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Viara Richter erzählt Schülern des Max-Born-Gymnasiums, wie kulturelle Unterschiede im Alltag aussehen. (Foto: Günther Reger)

Bei einem Projektabend erzählt eine Expertin Schülern, wie sich die Kulturen verschiedener Länder unterscheiden und worauf man deshalb achten muss.

Von Christoph Kaindl, Germering

Man stelle sich vor, eine große deutsche Firma schickt einen Mitarbeiter zu einer Zweigstelle in Indien. Als er dort einem Inder eine Aufgabe überträgt, übernimmt dieser sie widerspruchslos. Tatsächlich ist er seinem Auftrag aber nicht gewachsen. Warum lehnte er dann nicht ab? "Aufgrund seiner kulturellen Prägung konnte er nicht anders handeln", erläutert Viara Richter. "Mit einer offenen Ablehnung hätte er sich eine unerlaubte Blöße gegeben."

Am Max-Born-Gymnasium veranstaltet das Projekt-Seminar "Interkulturelle Kompetenz" einen Abend zu eben jenem Thema. Viara Richter ist Gastrednerin. Als "Intercultural Trainer" und "Expat Career Coach" hilft sie vor allem Geschäftsleuten, sich mit der Kultur in einem fremden Land vertraut zu machen. So sollen Missverständnisse wie im genannten Fall vermieden werden.

Sie selbst hat persönliche Erfahrung mit verschiedenen Kulturkreisen. Als 15-Jährige zog sie von Bulgarien nach Deutschland. "Wenn ich mich dann mit meinen Klassenkameraden aus dem Gymnasium traf, wurde mir öfters Kuchen angeboten", erzählt sie. "Aus Bulgarien war ich es gewohnt, dass man erst höflich ablehnt. Auf weitere Nachfrage durfte man sich dann ein Stück nehmen." In Deutschland hingegen ging man nach ihrer Ablehnung davon aus, dass sie keinen Kuchen wolle. "In Deutschland herrscht eine im internationalen Vergleich sehr direkte Kommunikation", beschreibt Richter die Situation. "Von ausländischen Geschäftspartnern kann diese sogar als unhöflich empfunden werden." Außerdem würden hierzulande häufig die Schwächen der Mitmenschen bemängelt. In Australien, wo sie einige Jahre lang gelebt hatte, würden viel eher deren Stärken gefördert.

Nach diesen praktischen Beispielen stellte Richter dar, was interkulturelle Kommunikation ausmacht. Bei jeder Verständigung zwischen zwei Menschen spielt die sogenannte Handlungskompetenz eine große Rolle. Sie besteht aus dem Wissen, den Fähigkeiten und dem Verhalten anderer Menschen gegenüber. Bei interkultureller Kommunikation muss diese Handlungskompetenz an eine fremde Kultur angepasst werden. Dabei muss man über die eigene kulturelle Prägung nachdenken können. "Für dieses Fach muss man viel lernen und praktische Erfahrung sammeln", meint Richter dazu.

Anschließend geht sie auf Kulturstandards in Deutschland ein. Neben der direkten Kommunikation ist dies auch die strikte Trennung zwischen Öffentlichkeit und Privatem. So sei es für Neuankömmlinge verhältnismäßig schwierig, Freundschaften mit Deutschen zu schließen. Allerdings warnt Richter davor, Kulturstandards absolut zu setzen: "Zwei Arbeiter aus Deutschland und Frankreich haben sich vielleicht mehr zu sagen als ein Professor und ein Arbeiter aus einem der Länder."

Im Anschluss an den Vortrag präsentieren die Schüler des Seminars sieben Kulturkreise weltweit. Dabei lernt man, dass Kanada ein sehr multikulturelles Land ist: Wie in einer Salatschüssel kommen die Kulturen zusammen und behalten doch ihre Eigenständigkeit. Mexiko präsentiert sich als Land der Gastfreundschaft und der Balkan zeigt seine verborgenen Facetten: eine wahre Kultour.

© SZ vom 16.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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