Germering:Komplexes Gebäude

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Der Neubau an der Unteren Bahnhofstraße in Germering soll Hospiz und Frauenhaus sowie Wohnungen Platz bieten. Die vielfältige Nutzung spiegelt sich in der Architektur des Gebäudes

Von Andreas Ostermeier, Germering

Hospiz, Zufluchtsort für Frauen und Wohnhaus: Das große Gebäude, das derzeit an der Unteren Bahnhofstraße errichtet wird, soll gleich mehrere Funktionen erfüllen. Dementsprechend ist es für Besucher schwierig, sich bei einer Besichtigung der Baustelle zurecht zu finden. Christian Ganslmeier, Vorsitzender der Germeringer Sozialstiftung, aber ist ein kundiger Führer durch die Stockwerke des Gebäudes. Er weiß, über welches Treppenhaus die oberen Etagen erreichbar sind. Die Unübersichtlichkeit hängt nicht nur damit zusammen, dass noch nicht alles fertig ist, sondern sie ist auch Folge der Konzeption des Hauses. Denn die drei Bereiche, Hospiz, Frauenhaus und Wohnungen, werden voneinander abgeschottet, es wird im fertigen Gebäude nicht möglich sein, von einem Teil in einen anderen zu gelangen. Deshalb werden in dem Haus auch drei Aufzüge eingebaut, für jeden Bereich einer. Mindestens in ganz Oberbayern gibt es laut Ganslmeier kein zweites Hospiz, das mit einem Frauenhaus verbunden ist. Die Planungen für das Projekt sind allesamt originär, ein Vorbild gibt es nicht. Dennoch soll das Haus nicht mehr als neun Millionen Euro kosten - und so wie es momentan aussieht, wird es auch nicht teurer.

Vollkommen eingerüstet: Das künftige Hospiz und Frauenhaus ist in seiner Gestalt von außen schon erkennbar. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Das Hospiz ist direkt vom Eingang an der Unteren Bahnhofstraße aus erreichbar. Es liegt auf zwei Stockwerke verteilt, insgesamt zwölf Zimmer soll es Todkranken bieten. Die Zimmer sind geräumig und gestatten es, die Betten mindestens zu einem Teil ins Freie zu schieben. Zu jedem Stockwerk des Hospizbereichs gehören ein Raum für das Pflegepersonal sowie ein Sitzbereich. Die Küche befindet sich im ersten Stock. Zum Hospiz gehören auch ein Garten und eine Terrasse, die von den beiden anderen Bereichen nicht einsehbar ist. Zehn der zwölf Zimmer sind von der Krankenkasse zugelassen, sie werden auch gefördert. Die beiden weiteren Zimmer würden vorgesehen, weil sie bestimmt gebraucht würden, sagt Ganslmeier. Eine finanzielle Unterstützung für die Personen, die dort wohnen, erhält das Hospiz vorerst nicht. Doch Ganslmeier ist sicher: Die zunehmende Alterung der Gesellschaft wird mit sich bringen, dass die Anzahl der genehmigten Hospizplätze in Oberbayern erhöht wird.

Um sich das Innere vorzustellen, benötigen Besucher noch Fantasie. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Über einen separaten Eingang gelangt man ins Frauenhaus. Zu dem gehören verschieden große Wohnungen für Frauen und Mütter mit Kindern, eine Wohnung ist barrierefrei ausgebaut. Neun Plätze richtet der Landkreis dort für Frauen ein, die vor ihren gewalttätigen Partnern Zuflucht suchen. Insgesamt haben bis zu 25 Personen Platz. Die Adresse des Frauenhauses darf bekannt sein, für das Projekt ist laut Ganslmeier ein Konzept erarbeitet worden, das den Frauen Schutz durch Öffentlichkeit bieten soll. Das bedeutet, dass die Aufmerksamkeit und die Anwesenheit von Nachbarn, Pflegepersonal und Passanten eventuell gewaltbereite Partner der geflüchteten Frauen abhalten sollen. Freilich setzt das Konzept nicht nur darauf: Der Eingang zum Frauenhaus wird überwacht, und auch um den Spielplatz der Kinder herum wird ein zwei Meter hoher Zaun errichtet. Die Wohnungen des Frauenhauses befinden sich über den Hospizräumen, sie bieten einen großen Gemeinschaftssaal, in dem auch gegessen werden kann, und eine Dachterrasse.

Christian Ganslmeier kennt sich im Haus aus wie kaum ein anderer. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Im obersten Stockwerk befinden sich sieben verschieden große Wohnungen. Sie sollen an Pflegekräfte vermietet werden. Ganslmeier sieht dies als zusätzlichen Vorteil bei der Suche nach Personal für das Hospiz. Schließlich ist es für Personen aus Pflegeberufen wegen der hohen Mieten nicht einfach, in Germering eine Wohnung zu finden.

Ende des Jahres soll das Haus nach den Worten bezugsfertig sein, das Hospiz soll möglichst im April 2022 den Betrieb aufnehmen. Die Sozialstiftung, die im Erdgeschoss auch ein Büro einrichten will, tritt dann als Vermieter von Frauenhaus und Hospiz auf. Der Vorsitzende ist zuversichtlich, dass die Einzugstermine trotz der Knappheit bei manchen Baustoffen aufrecht erhalten werden können. Bislang haben sich jedenfalls Zeit- und Kostenpläne einhalten lassen. Ganslmeier ist aber nicht nur froh über die Einhaltung sämtlicher Pläne, er dankt auch den Nachbarn. Denn das Gebäude ist weitaus massiver als die in der Umgebung. Dennoch habe es niemals Beschwerden oder Einwände gegeben, sagt der Vorsitzende. Außerdem betont er, dass das Projekt nicht aus Mitteln der Sozialstiftung bezahlt werde, sondern aus den Mitteln der Max-und-Gabriele-Strobl-Stiftung, in deren Auftrag die Sozialstiftung handle. Dementsprechend wird das Gebäude auch Max-und-Gabriele-Strobl-Haus heißen, wenn es seine Türen öffnet.

© SZ vom 14.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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