Germering:Kohl und Kuchen

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Wahlkampfhilfe für den Kandidaten der Linkspartei vom Fraktionsvorsitzenden Klaus Ernst. (Foto: Johannes Simon)

Linkspartei-Fraktionsvorsitzender plädiert für mehr Gerechtigkeit

Von Christian Lamp, Germering

Einen "vernünftig organisierten Staat" brauche der normale Bürger, sagt Klaus Ernst im Nachtasyl Germering. Der Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Partei Die Linke war zur Unterstützung vom Kandidaten Bernhard Feilzer aus Starnberg vor Ort, um über das Thema "Gutes Geld für Gute Arbeit" zu sprechen. Auch hier, wo traditionell eher am "Existenzmaximum" gelebt werde, so die Starnberger Kreissprecherin Jutta Hindelang, gebe es genug Bedarf für linke Politik. Die veranschaulicht Ernst durch Kohl und Kuchen.

Feilzer, selbst 68, hat die "Belange der Senioren zu einem meiner Schwerpunkte gemacht", wie er den etwa 16 Anwesenden mitteilt. Auch Ernst referiert hauptsächlich über die Rente. Ein Plakat der SPD habe er bei der Anreise gesehen: "Damit die Rente nicht klein ist, wenn die Kinder groß sind." Dem könne er nur zustimmen. Aber, das wird das Muster des Vortrags sein, das sei doch die "größte Heuchelei", wer sei denn dafür verantwortlich, dass die Rente nicht mehr reiche? Laut Ernst "ursächlich" ebendiese SPD, die nun unglaubwürdigerweise mit sozialen Themen punkten möchte. Glaubwürdig dagegen sei nur noch Die Linke. Selbst die SPD fordere lediglich, das Rentenniveau, das zur Zeit bei ungefähr 48 Prozent liege, nicht weiter abzusenken. Unter Kohl dagegen, das sei das linke Mindestziel, habe es noch 53 Prozent betragen.

Er rechnet vor, dass das Bruttoinlandsprodukt, "der Kuchen", stetig gestiegen sei, während insgesamt weniger Personen Rente beziehen würden. Selbst auf Nachfrage interessiert ihn der Hinweis, dass längere Bezugszeiträume die Rechnung kippen könnten, nicht. Für ihn ist ganz einfach: Die Rentenkürzungen dienten nur den Arbeitgebern. Und Privatisierung sei zuletzt eine staatliche Renditegarantie. Die Linke plädiere für ein Rentensystem nach dem österreichischen Modell, bei dem alle Beschäftigten einzahlen und heute im Schnitt über zwei Drittel mehr Rente bei gleichem Verdienst herauskomme.

Hauptsächlich treibt Ernst aber gemäß dem Titel des Abends eine andere Frage um: "Wie gelingt der Kuchenklau?" Den Grund sieht der Linke bei der "Abkopplung der Löhne von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung". Gute Renten könne es nur geben, wenn durch gute Löhne entsprechend eingezahlt werde. Die Zunahme von prekären Beschäftigungsverhältnissen, vor allem Leiharbeit, befristete Verhältnisse und Werkverträge, drücke aber die Löhne und die "Kampfkraft" von Gewerkschaften. Damit auch die Rente. Und über allem Schwebe das Schreckgespenst Hartz IV.

Der Anteil der Löhne am Volkseinkommen sei seit 2000 so trotz steigender Beschäftigungszahlen um vier Prozentpunkte gesunken. Das sei das eigentlich Ziel der Agenda 2010 gewesen, so Ernst: "Löhne zu drücken." Deutschland habe mit 22,2 Prozent einen der größten Niedriglohnsektoren Europas. Dieser Standortvorteil wäre erkauft durch die soziale Sicherheit der Beschäftigten. Deshalb plädiere Die Linke für monatlich steuerfreie 1050 Euro, auch als Mindestrente. Der Spitzensteuersatz soll auf 53 Prozent, wie unter Kohl, angehoben werden. Man brauche eine starke Linke, um gesetzlich die Grenzen für eine gerechtere Gesellschaft abzustecken, wie Ernst es ausdrückt. Ob als Opposition oder als Rot-Rot-Grüne Regierung. Den Rest könnten dann wieder die Gewerkschaften betrieblich regeln. Ansonsten drohe noch weiter der Rechtsrutsch.

© SZ vom 30.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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