Germering:Inspiration durch Zusammenarbeit

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13 Bildhauer zeigen auf dem früheren Kasernengelände Besuchern, wie ihre Kunst entsteht

Von Nadine Schrödl

GermeringVon allen Seiten ist das Dröhnen der Kettensägen zu hören. 13 Holz- und Steinbildhauerinnen und -hauer haben sich über das Wifo-Gelände der ehemaligen Kaserne verteilt und arbeiten an ihren Werken. Von 17. bis zum 25. Juli lassen sie sich bei ihrer Arbeit gerne von Besuchern über die Schulter schauen.

Erst seit knapp einer Stunde sägen und schleifen die Teilnehmer der Werktage, doch bei einigen häufen sich schon die Sägespäne zu ihren Füßen. Noch sind die Arbeiten ganz am Anfang und zuweilen ist kaum zu erahnen, was aus den Holzstämmen und Steinbrocken einmal werden wird. Um sich trotzdem ein Bild von den zukünftigen Kunstwerken zu machen, sind seit Beginn der Werktage in den Räumen der Kunstausstellung fertige Werke der Bildhauer zu besichtigen.

Auch an der zehn Zentimeter dicken halbierten Scheibe aus Eichenholz von Gaby Kromer ist noch nicht viel zu sehen. Die Künstlerin stellt das Holzstück senkrecht mit der Rinde nach unten auf und erklärt: "Daraus arbeite ich eine Gruppe Menschen heraus, die in ein Tal läuft". Neben ihrem Arbeitsplatz hat sie bereits eine 30 Zentimeter hohe menschliche Figur stehen, Arme und Beine des Männchens sind dabei so dünn wie das Sägeblatt der Kettensäge selbst. An ihren detailgetreuen Figuren arbeitet sie ausschließlich mit der Kettensäge. Um das Raue an dem bearbeiteten Holz beizubehalten, werden ihre Figuren nicht durch Schleifen oder Feilen bearbeitet. "Sonst wirkt es zu süß, zu hübsch, deswegen bleibe ich bei der Kettensäge", sagt Kromer. Seit vielen Jahren nimmt sie an den Werktagen teil, dieses ist ihr achtes Mal. "Es ist immer sehr schön, sich auch von den anderen inspirieren zu lassen." Besonders die schöne Atmosphäre, die entsteht, wenn man mit den Künstlerkolleginnen und -kollegen an einem Ort zusammenarbeitet, gefällt Kromer gut. Auf dem Gelände können sie ungestört von Nachbarn ihre Kettensägen anwerfen und müssen auf niemanden Rücksicht nehmen.

Bei dem Drechsler und Bildhauer Johannes Hofbauer zeigen sich abstraktere Formen und Skulpturen, er arbeitet an zwei Stücken gleichzeitig. Gerade bearbeitet er mit der Kettensäge das obere Ende eines langen, schmalen Brettes, das er mithilfe eines Metallgestelles aufgestellt hat. Mit dem vorderen Teil seiner Säge arbeitet er feine Linien in das Holz des zylinderförmigen Kopfstücks. "Das soll später innen hohl werden", sagt er. Als Meister an der Drechselbank finden sich bei ihm viele runde Elemente. Aus dem ein Meter hohen Zylinder werden spiralförmig nach unten Stücke herausgesägt. Aus einem Holzblock sägt Hofbauer zwei Stücke, die miteinander verbunden bleiben und sich nicht von einander lösen lassen. Hofbauer kombiniert durch verschiedene Techniken die Kettensäge mit dem Drechseln, erklärt er. So unterscheide sich das eigene Werk stärker von dem der anderen. "Ich finde es immer schön, etwas zu machen, was sich von den anderen Arbeiten unterscheidet".

Nicht an Holz, sondern an Stein arbeitet die Steinbildhauerin und Malerin Brigitte Cabell. Während der Werktage bearbeitet sie einen Sandstein. Dabei habe sie keinen genauen Plan, wie sie vorgehe, sondern lasse sich von dem Stein inspirieren. "Ich bin im Dialog mit dem Stein und habe keine Vorlage", sagt die Künstlerin. Bei der Gestaltung der Steine komme es ihr auf die Kombination von bearbeiteten Teilen und natürlichen Elementen an. Besonders gerne benütze sie den Afrikanischen Serpentin - wegen seiner Farbpracht. Da sie sich kurz vor den Werktagen den Arm gebrochen hat, ist sie nun auf ein weicheres Gestein, eben den Sandstein, umgestiegen. Drei Tage werde sie nun an dem Stein arbeiten. "Und dann stelle ich sie auf und sehe eine Stelle, die mir nicht gefällt und dann wird noch mal nachgebessert."

Mit 79 Jahren ist Ute Richter die älteste Teilnehmerin. Die ehemalige Lehrerin für Kunst und Werken hat fertige Figuren mitgebracht und stellt auch mit der Ateliergruppe 27 in der nebenan liegenden Ausstellung Acrylgemälde aus. Für ihr Werk "Am Anfang war das Ei" hat sie begonnen, ein Ei aus dem Holz herauszusägen, das später eine Figur hält.

Für sie sei es immer schön, an diesen Tagen teilzunehmen. "Es ist toll, auch in meinem Alter noch dabei zu sein und so viel Hilfe von den anderen Teilnehmern zu bekommen."

© SZ vom 16.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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