Germering:Im Radltrikot zur Schule

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Holger Wirth (Foto: Carmen Voxbrunner)

Holger Wirth leitet seit vergangenem September die neu gegründete Fachoberschule in Germering. Dorthin ist er jeden Tag recht sportlich unterwegs - und trifft dabei nebenan auf einen Mitstreiter

Von Heike A. Batzer, Germering

Holger Wirth ist eisern. Bei beinahe jedem Wetter streift er das gelbe Oberteil über und schwingt sich auf sein Fahrrad, um zur Schule zu fahren. 25 bis 30 Minuten braucht er für die neun Kilometer zwischen seinem Wohnort Aubing und seinem Arbeitsplatz an der neuen Fachoberschule (FOS) in Germering. Holger Wirth ist dort der Leiter.

Da trifft es sich gut, dass die neue Schule auf dem Schulgelände von Carl-Spitzweg-Gymnasium (CSG) und Realschule Unterpfaffenhofen untergekommen ist, denn auch Realschulleiter Christoph Breuer ist passionierter Radfahrer. Ihre Räder stellen sie gemeinsam unter und Breuer habe ihm auch ein paar Wege innerhalb Germerings verraten, erzählt Wirth. Überhaupt fühlt sich der neue Mann auf dem Campus gut aufgenommen. Die Fachoberschüler können Mensa und Cafeteria der beiden Nachbarschulen und deren Fachräume für Musik und Chemie mitbenutzen und vom CSG-Kollegium wurde Wirth im Dezember auch zur Weihnachtsfeier eingeladen. "Das hat mich sehr gefreut", sagt der 45-Jährige.

Die ersten 143 Schüler sind mit Wirth Anfang September in den renovierten, grün getünchten Pavillon einzogen, der schon ein paar Jahrzehnte auf dem Buckel hat. Es ist ruhig in dem Gebäude, denn nur die Hälfte der Elftklässler ist anwesend, die andere Hälfte befindet sich im für die Jahrgangsstufe vorgeschriebenen Praktikum. Die beiden Ausbildungsrichtungen Wirtschaft/Recht und Sozialwesen bietet die neue Schule an, dazu eine Vorklasse, die Wirtschaftsschüler und jene, die vom M-Zweig der Mittelschule kommen, auf die FOS vorbereiten.

Wie es ist, an einer neu eröffneten Schule zu wirken, hat Wirth schon einmal ausprobieren dürfen, als er zuletzt zwei Jahre lang die neue Fachoberschule in Starnberg führte. Gleiches wiederholt sich für ihn in Germering. "Ich fühle mich hier sehr wohl", sagt er, zumal die Wege zu seinem Wohnort kurz sind. Offiziell bekleidet er das Amt des stellvertretenden Schulleiters, die Schulleiterstelle ist nicht besetzt. In der Praxis freilich ist er der Mann, der das Sagen hat. Und auch jene Fachoberschule in München, die heute Therese-von-Bayern-Schule heißt, war damals neu, als Holger Wirth als junger Lehrer dort anfing. Später arbeitete er fünf Jahre lang am Kultusministerium im Fachreferat für die Fach- und Berufsoberschulen und lernte dort auch die organisatorische Seite der Schulart kennen. "Das ist ein Sachverstand, den man draußen nicht erwerben kann", sagt er: "Man kennt Hintergründe und Beweggründe dafür, wie Dinge umgesetzt werden." Studiert hat er die Fächer Englisch und Elektrotechnik mit Mathematik als Erweiterungsfach. Acht Stunden Mathe unterrichtet er jetzt in Germering. Mehr ist derzeit nicht möglich, "weil ich ja alles andere auch bin", sagt er und lacht.

Die Erfahrungen, eine neu gegründete Schule zu leiten, bringt er aus Starnberg mit. Dort freilich "war die Infrastruktur schon vorhanden", erinnert er sich, weil die FOS Starnberg an die Berufsschule angegliedert wurde. Aber sein Kollegium organisieren, das musste er dort auch. In Germering stehen ihm 17 Lehrer zur Verfügung, die meisten unterrichten auch an der FOS in Fürstenfeldbruck. Schon im nächsten Schuljahr wird sich die Schülerzahl in Germering mehr als verdoppeln, etwa 200 weitere Schüler werden dann erwartet. Wirth wird weiter an der Logistik feilen müssen, denn zusätzliche Klassenräume wird es dann in einem noch aufzustellenden Container geben. Auch die FOS in Fürstenfeldbruck ist ja so entstanden - aus kleinen Anfängen -, aber schnell recht groß geworden. Vor allem im Großraum München würden die Fachoberschulen "wachsen", sagt Wirth. Ihre Anziehungskraft bei Schülern und Eltern sieht er in der Praxiskomponente des Schultyps. Im Praktikum "bekommen die Schüler Bestätigung von einer anderen Seite. Das gefällt den Schülern in der Regel."

In etwa fünf Jahren soll die FOS Germering in einem Neubau unterkommen, der Landkreis lotet bei den Nachbarlandkreisen derzeit Möglichkeiten der Mitfinanzierung aus. Wirth muss deshalb immer wieder mal Termine im Landratsamt wahrnehmen. Dann fährt er mit dem Schnellbus nach Fürstenfeldbruck. Das Auto steht seiner Frau zur Verfügung, die derzeit das Familienleben mit drei kleinen Kindern organisiert. Seine freie Zeit will Holger Wirth deshalb auch ganz der Familie widmen: "Ich möchte mich dort schon einbringen."

© SZ vom 05.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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