Germering:Großprojekt auf Eis

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Für die Bebauung des Hausäcker-Areals mit Wohnungen für rund 2000 Menschen fehlt der politische Wille. Die Stadt will erst die Ergebnisse einer Studie zur Bevölkerungsentwicklung abwarten. Investor lässt Vorverträge mit Eigentümern auslaufen

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Der Wohnungsdruck- einhergehend mit saftigen Wohnungs- und Häusermietpreisen - ist auch in Germering bekanntlich sehr hoch. Mietpreise um die 15 Euro pro Quadratmeter sind üblich. Deshalb verwundert es sehr, dass der mögliche Bau von 590 Wohnungen, darunter etwa 180 Sozialwohnungen, auf dem riesigen grünen Areal zwischen Heimgarten- und Kirchenstraße, den sogenannten Hausäckern, für den Stadtrat offenbar kein Thema mehr ist. Oberbürgermeister Andreas Haas (CSU) teilte der SZ auf Nachfrage mit, dass die Stadt eine in Auftrag gegebene Demografie- oder Bevölkerungsstudie abwarten will, ehe man dieses Projekt und andere Wohnungsbauvorhaben anpacken will. "Wir brauchen eine seriöse Basis", erklärte Haas nachdrücklich.

Diese Bevölkerungsentwicklungsstudie soll im Laufe des Jahres vorgestellt werden. "Dann werden wir die Konsequenzen für die Bebauung im Stadtrat beraten", so Haas. Dem widerspricht die kürzlich im Stadtrat behandelte Rahmenplanung für das Kreuzlinger Feld, weil dort offenbar mehrere Eigentümer an die Stadt herangetreten sind und ihre Grundstücke für den Bau von Wohnungen zur Verfügung stellen wollen. Dort - zwischen dem Feuerwehrgebäude Unterpfaffen und dem TSV-Sportzentrum - befindet sich das zweite große Grundstück, das für den Wohnungsbau in Frage kommt. Stadtbaurat Jürgen Thum spricht von 800 Wohnungen, die dort entstehen könnten. Auch Geschäfte, eine Kindertagesstätte und einen Grundschule könnten dort einen Platz finden. Die Bebauung des Areals wird bereits seit 20 Jahren diskutiert. Bisher wird ein Teil der Fläche im Flächennutzungsplan als Gewerbefläche ausgewiesen. Das will Thum ändern und Gewerbeabsiedlungen auf den Germeringer Norden verweisen. Die beschlossene Rahmenplanung auf dem Kreuzlinger Feld erlaubt eine Bebauung in mehreren Abschnitten.

Was wird mit den Hausäckern am innerstädtischen Rand? "Dort ist eine Bebauung politisch nicht durchsetzbar", erklärte Thum. Das ist einigermaßen unverständlich, weil offenbar sowohl die CSU und auch die SPD, die zusammen eine komfortable Mehrheit im Stadtrat haben, hinter diesem Bauprojekt stehen. Nimmt OB Haas auf die Grünen Rücksicht, um zwei Jahre vor der nächsten Wahl keine Angriffsfläche zu bieten? Erklärtermaßen sind die Grünen gegen das Bauvorhaben. "Wir wollen das Trenngrün zwischen dem Germeringer Altdorf und der Stadt erhalten", bekräftigte Fraktionssprecherin Agnes Dürr noch einmal. Sie bezweifelt auch, dass die dort geplanten Sozialwohnungen für Postboten und Krankenschwestern in Frage kämen: "Die sind für Menschen mit mittleren Einkommen." Zudem sei dort die Infrastruktur nicht passend, weil eine Kita fehlt und die in der Nähe liegende Kirchenschule schon jetzt zu klein sei. "Auch die Erschließung wäre sehr schwierig", so Dürr, "die Zufahrt und die Verkehrsprobleme wären sehr problematisch. Bei einer möglichen Bebauung des Kreuzlinger Feldes zeigt sich Dürr kompromissbreiter: "Dort sind wir nicht ganz dagegen. Wir wollen uns dem Wohnungsbau nicht verschließen, es kommt aber darauf an, wie dicht die Bebauung werden soll."

Unterdessen zeigt sich der Bauwerber, die LSR Europe - ein Münchner Tochterunternehmen eines russischen Baukonzerns - enttäuscht. Die geschlossenen Vorverträge mit vier Grundstückeigentümern der Hausäcker hat das Unternehmen zum Jahresende 2017 auslaufen lassen. In diesen Verträgen hatten sich diese Landwirte festgelegt, das Grundstücksgeschäft mit der LSR Europe abzuwickeln. Der endgültige Kauf sollte dann erfolgen, wenn der Aufstellungsbeschluss erfolgt ist. Der zeichnet sich jedoch in naher Zukunft nicht ab. "Bei allen Seiten herrscht allgemeine Ungewissheit, wie es weitergeht", so Dmitri Gontcharov, der Geschäftsführer der LSR Europe, der mehr als ein Jahr mit der Stadt im gespräch war.

Waren doch die Planungen des Investors im Herbst 2016 schon weit gediehen. Damals sollte im Bauausschuss das Bauvorhaben behandelt werden. Auf dem sechs Hektar großen Grundstück hatte das Bauunternehmen acht Häuser mit einer Wohnfläche von etwa 40 000 Quadratmetern konzipiert, die hochgerechnet bis zu 2000 Menschen Platz bieten würde. Der Investor zeigte sich bereit, 30 Prozent der Wohnungen im geförderten Wohnungsbau zu errichten, also fast 180 Sozialwohnungen zu bauen. Doch der Tagesordnungspunkt wurde kurzfristig abgesetzt, weil eine dubiose Spendenankündigung von 100 000 Euro eines der sieben Eigentümer für große Irritation unter den Stadträten sorgte. Die Sache mit der Spende ist jedoch seit langem vom Tisch, wie die Stadt mitteilte. Doch es kommt vorläufig nicht zu einer erneuten Behandlung des Hausäcker-Bauvorhabens. Auch LSR Europe-Geschäftsführer Gontcharov hat von der Bevölkerungsstudie gehört, die die Stadt abwarten wolle. "Wir sind mit den Eigentümern nach wie vor im Gespräch", bestätigt er, "und könnten die Verträge wieder aufleben lassen" Wie lange sich der Investor jedoch von der Stadt hinhalten lassen will, ist nicht sicher.

© SZ vom 21.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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