Germering:Ein Meer aus Form und Farbe

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Türöffner: Doris Autenrieth, Brian Whitehead, Irene Wührl-Petry und Christa Geiger freuen sich auf viele Besucher. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Künstler des Germeringer Atelierhauses öffnen ihre Türen

Von Julia Bergmann, Germering

"Macht hoch die Tür, die Tor macht weit!" - Ein vorweihnachtlicher Appell, den sich in diesem Jahr auch die zwölf Künstler des Atelierhauses in Germering auf die Fahnen schreiben. Pünktlich zum ersten Advent öffnen sie nach mehrjähriger Pause wieder die Türen ihrer Ateliers und Werkstätten in der Salzstraße 27. "Die Leute können kommen und gucken", sagt die Künstlerin Irene Wührl-Petry. Und zu sehen gibt es in dem charmanten alten Schulhaus einiges.

Brian Whitehead öffnet die weiße Türe zu seinem Atelier. Dahinter verbergen sich in Stein gemeißelte abstrakte Gesichter, organische Skulpturen, Werkzeuge und nicht zuletzt Whiteheads wunderbarer Schmuck, geometrische Anhänger aus russischem Jade, Bernstein, blutrotem Jaspis und intensivblauem Lapislazuli. Die Überlegung, neben großformatigen Skulpturen aus Stein Schmuck zu fertigen, war ganz praktischer Natur. "Man fragt sich, was man als Steinbildhauer im Winter macht", sagt Whitehead. Wenn es draußen kalt ist und das Arbeiten im Freien nur mühsam von der Hand geht, bieten die kunstvollen Anhänger eine dankbare Alternative. "Und es macht einfach Spaß. Es ist wie bei den großen Steinen. Man weiß nie was herauskommt." Beim Bearbeiten der Steine legen sie erst nach und nach die Strukturen und Maserungen frei, die sie unsichtbar in ihrem Inneren verbergen.

Nebenan im Atelier von Michael Glatzel reiht sich Stein an Acrylglas und Holz. Der Künstler hat den Hang zur großen Skulptur, zwischen seinen Arbeiten finden sich immer wieder skurrile Stücke wie die gigantischen Cowboyhüte aus Marmor. Innen hohl versteht sich, man kann die Kunstwerke sogar aufsetzen, wenn auch nur mit großer Mühe und unter Mithilfe eines Zweiten, denn die Stücke bringen einige Kilos auf die Waage.

Der Weg führt die Treppe hinab und hinein in das Reich von Doris Autenrieth. "Irgendwann habe ich begonnen, die Bilder zu stapeln", sagt sie. Wohin das Auge blickt, findet es Leinwände in Stapeln, aneinandergereiht und übereinandergestapelt - ein Meer an Farbe und Form. Die Motive der Malerin sind überwiegend abstrakt, im Farbauftrag teils pastos, auf einigen Gemälden sind schemenhaft abstrakte Figuren erkennbar, etwa Justitia mit ihren verbundenen Augen, um die sich im unteren Bildrand aufgewühlte Menschen ranken. Ein Bild, das den Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit und den Zündstoff, der sich daraus ergibt, thematisiert. Als Inspiration dient Autenrieth vor allem Aktuelles, Vergangenes und auch Politisches. Eine ihrer Serien beschäftigt sich mit dem Konzentrationslager Dachau, dem Schrecken, der Angst, aber auch den winzigen Funken der Hoffnung, die im Wust der Düsternis immer wieder aufblitzten.

Christa Geigers Atelier liegt im Erdgeschoss des Hauses. Momentan arbeitet sie an der Serie "Metamorphosen". Die Künstlerin greift Konkretes auf und variiert, abstrahiert, verzerrt zu neuen Kompositionen. Bienenwaben, Kristalle, oder aber die Form eines Stücks Rinde, seine Bruchkanten, seine Struktur, dienen ihr als Modell. Eine Serie, die im scharfen Kontrast etwa zu ihrer Alpentrilogie steht. Einer Reihe von Bildern, die mit Stereotypen traditioneller bayerischer Kultur spielt. Nicht fehlen darf da natürlich ein klassisch prall gefüllter Dirndlausschnitt.

Im Obergeschoss entstehen die Arbeiten von Irene Wührl-Petry, die neben ihren Gemälden viele Skulpturen und Keramiken anfertigt, vor allem Frauenfiguren. Die Frechen, Selbstbewussten haben es Wührl-Petry angetan. Da sitzen und stehen sie, diese Gruppe von kecken jungen Damen, die Selbstbewusst und herausfordernd lächeln, posieren und sich zur Schau stellen. Warum es Frauen sein müssen? "Die haben einfach schönere Formen", findet Wührl Petry.

Im Raum des Kunstkreises Germering wird ein kleiner Weihnachtsbasar stattfinden. Dort sollen unter anderem Kleinformate und Postkarten angeboten werden. Und: "Zum Aufwärmen gibt's Glühwein, ein paar Kerzen und Kekse", verspricht Brian Whitehead. Die insgesamt zwölf Künstler aus dem Atelierhaus und die Mitglieder des Kunstkreises freuen sich auf Besinnlichkeit, Kunst und interessante Gespräche.

Die Künstler und Künstlerinnen öffnen Ihre Ateliers und Werkstätten zur Verkaufsausstellung am Sonntag, 29. November, von 14 bis 19 Uhr. Das Atelierhaus Germering befindet sich in den Räumen der alten Schule an der Salzstraße 27. Zu sehen gibt es Werke von Doris Autenrieth, Gerhard Baumgärtner, Christa Geiger, Michael Glatzel, Gudrun Ryssel, Brian Whitehead, Irene Wührl-Petry und vom Kunstkreis Germering.

© SZ vom 26.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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