Kurzkritik:Digitale Leichtigkeit

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Elisabeth Heinemann und ihr "Wissenskabarett"

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Ist die Kabarettistin, die vorne auf der kleinen Bühne 2 des Germeringer Roßstall-Theaters steht, wirklich eine Professorin? Diese Frage trieb viele unter den 40 Besuchern um. "Ja, ich bin Informatikerin an der Fachhochschule Worms", bestätigte Elisabeth Heinemann aus Darmstadt. In Worms leitet sie den Fachbereich Mobile Computing. Nebenher ist sie als Frau-Professor mit einem "Wissenskabarett" unterwegs. "Die digitale Leichtigkeit des Seins", nennt Heinemann ihr Programm. Facebook, Twitter, Google, Bluetooth und Apps, die unser Leben steuern, sind die Stichworte des Abends. Die künstlerische Quereinsteigerin mit wissenschaftlichem Hintergrund verpackte ihr Wissen in kleine verständliche Häppchen und brachte sie so amüsant an die Zuhörer, dass diese sie nach gut zwei Stunden mit begeistertem Beifall verabschiedeten.

"Ich bin Beamtin mit Bildungsauftrag", verkündete Heinemann und machte sich sogleich an die Interaktion mit dem Publikum. "Wer ist noch nicht auf Facebook?", lautete ihre erste Abfrage. Etwas schüchtern meldete sich ein älterer Herr. "Das wird eine Entjungferung mit grauen Haaren", kommentierte Heinemann die einzige erhobene Hand. Seine intimsten Geheimnisse auf Facebook preiszugeben, sei besonders für Frauen nichts Neues. Sie projizierte Dirndlbilder an die Wand, auf denen die Schleifen links, in der Mitte, hinten oder rechts gebunden waren und hatte das Lachen des Publikums vollends auf ihrer Seite. Trotzdem hatte Heinemann für Single-Frauen im Raum eine Empfehlung: "Keine Männer von Facebook nehmen." Die seien eher begründete Ladenhüter. Dann schon eher Twitter-Genossen. "Twittern ist Kult, besonders beim Tatort", sagte sie. Der laufe auf Twitter besser als im Fernsehen.

Die Professorin führte universitäre Studien ins Programm ein, die überraschten. Ergebnis: Lieber eine Woche ohne Sex als eine Woche ohne Smartphone. Die 46-jährige Hobby-Kabarettistin hat sich in eine Lücke begeben, die sie als Fachfrau glänzend ausfüllt. Ihre Gabe, alle Zuschauerbemerkungen, und seien sie noch so absurd, witzig aufzugreifen, ist sehr eindrucksvoll. Frau Professorin weiß, worüber sie Witze macht. Das heikle Thema Datenschutz serviert sie allen unbefangenen Usern ganz elegant mit: "Warum weiß Amazon, was ich zu Weihnachten will und mein Mann nicht?" Mit Bluetooth werde der Klodeckel vorgewärmt und mit einer App die Zahnbürste gesteuert. Heinemann schwörte auf den Vibrator mit Smartphone-App, der gleichzeitiges Twittern ermöglicht und auf den ID-Chip, der alles scannt; auch, dass sich zwei Socken wieder finden.

© SZ vom 20.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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