Germering:Die Software hat den Lernstoff drauf

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Multisensorisches Lernen: In ihrer Lernsoftware sehen die Entwickler mehr Potenzial als in einem Schulbuch. (Foto: Stiftung Digitale Bildung)

Die Germeringer Stiftung "Digitale Bildung" entwickelt Programme für den Schulunterricht in Englisch und Mathematik. Erste Tests sind erfolgreich gewesen

Von Ariane Lindenbach, Germering

Wie wichtig digitales Lernen ist, macht zurzeit die Pandemie deutlich. Da trifft es sich gut, dass die Verantwortlichen der Stiftung Digitale Bildung in Germering bereits vor dem Auftauchen von Covid-19 die Idee für eine digitale Lernsoftware hatten. Brainix ist inzwischen ausgearbeitet, vorerst für die sechsten Klassen an Gymnasien in den Fächern Englisch und Mathematik. Eine erste Testphase an drei bayerischen Gymnasien hat das digitale Lernangebot erfolgreich durchlaufen. Im kommenden Schuljahr soll Brainix in mehr bayerischen Klassenzimmern zur Anwendung kommen. Derzeit laufen dazu Gespräche mit dem Kultusministerium; sollte das die neuen digitalen Lernwerkzeuge befürworten, käme auf die Macher von Brainix eine Menge Arbeit zu.

Eine virtuelle Geburtstagsparty als Einstieg in die Mathestunde oder eine Englisch-Lektion, die an der New Yorker "Grand Central Station" startet und sich zu einem interaktiven Städtetrip ausweitet: Derartige Szenarien, dargestellt von hochwertiger Grafik und aufgebaut nach den jüngsten didaktischen Erkenntnissen, fesseln die Aufmerksamkeit der Lernenden, wie die ersten Tests gezeigt haben. "Die hohe Konzentration, die beim Lernen mit der Software erreicht wurde, macht uns zuversichtlich, durch den Einsatz von Brainix an unseren Schulen den Lernerfolg deutlich steigern zu können", erklärt Stiftungsvorstand Jürgen Biffar. Zugleich wären er und seine Frau Michaela Wienke ihrem Ziel einen großen Schritt näher gekommen: Die beiden gründeten die Stiftung im Jahr 2019 aus der Überzeugung heraus, dass zur Bewältigung der großen Herausforderungen unserer Zeit - Digitalisierung, Globalisierung und Klimawandel - ein höheres Bildungsniveau in allen Bevölkerungsschichten erforderlich ist, und dass dieses am ehesten mit digitalen Mitteln zu erreichen ist.

Wie viel Arbeit in Brainix stecken muss, wird klar, wenn man sich den dahinter stehenden Anspruch vergegenwärtigt: Der Stoff aus dem Lehrplan soll komplett mit der Software vermittelt werden. Dafür arbeiten in der gemeinnützigen Stiftung rund 50 Expertinnen und Experten aus Didaktik-Wissenschaft, Schule und Softwareentwicklung zusammen, um die Lernsoftware zu entwickeln. Laut Pressesprecher Friedrich Koopmann sind etwa 25 Mitarbeitende in Eichstätt als Software-Autoren tätig, "und in Bulgarien sitzen die Software-Entwickler", etwa zehn an der Zahl.

Für die Lernsoftware kommen auch die aktuellen Erkenntnisse der Didaktik und Hirnforschung zum Tragen. Maßgeblich an der Konzeption der Lernsoftware beteiligt ist Heiner Böttger, Inhaber einer Professur für Didaktik der englischen Sprache an der katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, der mit internationalen Partnern auch neurowissenschaftliche Forschung betreibt: "Einen großen Mehrwert gegenüber herkömmlichem Lernen mit Schulbüchern bietet Brainix durch die Nutzung der multisensorischen Interaktionsmöglichkeiten digitaler Endgeräte. Indem für die Stoffvermittlung mehrere Zugänge genutzt werden - sehen, hören, sprechen, schreiben und interagieren -, erfolgt eine Mehrfachcodierung und dadurch nachhaltigere Speicherung der erlernten Inhalte im Gehirn. Die aktivierende Wirkung des multisensorischen Lernens in verschiedenen Hirnregionen lässt sich durch bildgebende Verfahren wie funktionelle Magnetresonanztomographie nachweisen."

In der Corona-Krise könnte für Brainix eine Chance stecken, hofft man bei der Stiftung. Und verweist auf ein Interview mit der Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), der brandenburgischen Bildungsministerin Britta Ernst, jüngst im Deutschlandfunk. "Perspektivisch geht es darum, dass wir den Unterricht bereichern durch technische Innovationen", wird sie in einer Mitteilung der Stiftung zitiert. Das Jahr 2021 solle genutzt werden, "um auch die Wissenschaft einzuladen, ihre Erkenntnisse über Unterrichtsqualität, guten Unterricht unter Nutzung digitaler Medien uns darzulegen, damit wir das auch bis an die Schulen verbreitern können".

Angesichts dieser Aufforderung kann man bei der Stiftung Digitale Bildung verhalten optimistisch auf die Gespräche mit dem Kultusministerium blicken. Sollte man dort auf breites Interesse stoßen und Brainix für mehr Fächer und Jahrgangsstufen haben wollen, müsste die Stiftung Koopmann zufolge noch viel mehr Menschen mit der Entwicklung der Software beschäftigen.

© SZ vom 23.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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