Germering:Die Entlarvung des bigotten Spießers

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Zärtlichkeiten auf der Couch: Julian Brodacz und Sarah Müller vom Theater am Roßstall; im Hintergrund: Cecilia Gagliardi. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Das Theater im Roßstall eröffnet die Saison mit "Job Suey", einer Komödie über einen jungen Angestellten, der aus Angst vor seinem Chef nach einer Ehefrau sucht - zumindest für einen Abend

Von Florian J. Haamann, Germering

Seit dem Generationenwechsel vor zwei Jahren arbeiten die Verantwortlichen des Roßstall-Theaters kontinuierlich an der neuen Identität der Bühne. Lustig soll das Programm sein, gerne auch mal mit Tiefgang oder Botschaft. Deswegen sind es vor allem Komödien, die am neuen Roßstall gezeigt werden. Diesen Weg gehen die Verantwortlichen nun konsequent weiter. Eröffnet wird die Spielzeit am Samstag mit der Beziehungskomödie "Job Suey" unter der Regie von Oliver Kübrich.

"Als ich mit den anderen angetreten bin, war mein erster Gedanke, dass wir nicht versuchen dürfen, uns mit großen Theatern vergleichbar zu machen", erzählt Cecilia Gagliardi von der Theaterleitung. Als kleine Bühne könne man das einfach nicht leisten. "Ich will, dass wir für unsere Arbeit kritisiert werden können. Wenn die Leute Shakespeare oder Molière sehen wollen, dann können das die Kammerspiele besser." Deshalb also Komödien wie "Boing Boing", "Bonnie und Clyde", die in den vergangenen Spielzeiten erfolgreich gelaufen sind. "Ich denke, der Übergang hat schon ganz gut geklappt. Jetzt möchte ich, dass wir auch mehr Komödien mit Tiefgang spielen und nicht nur so Kracher, bei denen man sich schlapp lacht", sagt Gagliardi. Die Umstellung habe dazu geführt, dass nun auch wieder mehr junge Besucher im Publikum sitzen. "Und das Stammpublikum gewöhnt sich langsam an uns. Ich denke, die haben uns mittlerweile auch ins Herz geschlossen". Während auf der großen Bühne also Komödien gezeigt werden, gibt es auf der kleinen Bühne 2 weiterhin experimentelle und komplizierte Stücke zu sehen.

Mit Job Suey des britischen Autors Edward Tayler ist nun also zur Saisoneröffnung ein unterhaltsames Stück zu sehen. Allerdings nicht ohne Botschaft, wie Gagliardi betont. "Für mich hat es schon etwas mit der Me-Too-Debatte zu tun. Nicht so sehr mit dem erhobenen Zeigefinger, aber durchaus mit einem Aha-Effekt". Das Stück selbst ist ein klassisches Kammerspiel. Mark Stein erwartet seinen Chef zum Abendessen. Das Problem: Der Chef legt an seine Mitarbeiter hohe moralische Maßstäbe an. Da passt es überhaupt nicht, dass Stein nicht verheiratet ist. Also muss schnellstens eine Frau gefunden werden - oder zumindest eine, die sich für einen Abend als solche ausgibt. Allerdings lehnt eine Kandidatin nach der anderen dankend ab. Bis nur noch die Putzfrau Rosalia übrig ist. Gespielt wird sie von Gagliardi. "Ich würde sie als Frau aus dem Volke bezeichnen, eine Italienerin mit dem Herz am rechten Fleck, verhinderte Opernsängerin, schlechte Köchin." Richtig überzeugt ist Stein allerdings nicht. Ist sie doch eine verheiratete und noch dazu wesentlich ältere Frau. "Ich sage ihm dann: Mit gescheiter Frisur und Make-up sehe ich aus wie Madonna". Richtig überzeugt ist Mark davon natürlich nicht, und dann wird es noch komplizierter, denn die anderen Kandidatinnen entdeckten plötzlich ihre Hilfsbereitschaft und tauchen nach und nach auf. Und schon reißt der feine Mantel der Zivilisation. Der angeblich so moralische Chef stellt sich als ganz und gar nicht tugendhaft heraus. "Es zeigt sich, dass er ein bigotter Spießer ist, der seine unverheirateten Mitarbeiter zur Strafe in Krisengebiete schickt, während er selbst auf Kongressen Frauen belästigt", verrät Gagliardi. Und plötzlich drehen dann Mark und die Frauen den Spieß um.

"Job Suey", Theater im Roßstall, Augsburger Straße 8, Germering. Premiere am Samstag, 5. Oktober, von 19.30 Uhr an. Eintritt 15 Euro. Weitere Termine unter www.germering-rossstall.de

© SZ vom 04.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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