Germering:Die Endlichkeit des Handys

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Sechstklässler des Germeringer Max-Born-Gymnasiums haben einen preiswürdigen Beitrag zum Ressourcenschutz geleistet. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Vortrag über Ressourcen-Verbrauch lässt Germeringer Gymnasiasten eher unberührt

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Stefan Simonis mühte sich nach Kräften, aber die erhoffte Diskussion kam nicht so recht zustande. Der Biologe hatte zuvor im Rahmen des Projekts "Reduse" über den Umgang mit endlichen und nachwachsenden Ressourcen auf der Erde referiert. Daran schloss sich noch ein halbstündiger Film an, der die Problematik visuell behandelte. Auch das animierte die versammelten 160 Schüler der elften Klassen des Max-Born Gymnasiums in Germering nicht zu gehaltvollen Statements, auch nicht als Simonis ihnen mangels Rohstoffe eine Zukunft ohne Handy prophezeite. "Indium wird es schon in 20 Jahren nicht mehr geben", meinte Simonis, dann sehe es mit einem Touchscreen, für das das Schwermetall gebraucht werde, düster aus. Insgesamt besteht das Handy aus 15 Stoffen, denen alle früher oder später das Ende drohe.

Da auch das Erdöl zur Neige gehe, werden die 50 Prozent Kunststoffanteil am Handy fehlen. Die Reaktion der Schüler war trotz dieser düsteren Aussichten gleich Null. Zu weit weg schienen ihnen Dinge, die erst in 20 bis 50 Jahren passieren. Beteiligte sich mal ein Schüler an der Diskussion, bekam er höhnischen Beifall von den anderen. Offenbar verbreitete der Mitschüler bekanntes Wissen, wenn er anführte, dass ein Rohstoff wie Holz nachwachse, aber die Fläche dafür begrenzt sei. "Die klatschen bei Selbstverständlichkeiten, das Thema ist den Schülern nicht ganz neu", meinte Michael Riedl die Reaktion der Schüler zu kennen und nahm sie in Schutz: "Es ist im Lehrplan enthalten." Die Elftklässler hätten schon deutlich mehr Bewusstsein und wüssten schon mehr, als im eher allgemein gehaltenen Vortrag vorgekommen sei. Der Mathematiklehrer, der auch Physik und Astronomie unterrichtet, wird aber den "neuen Anstoß", wie er es nannte, im Unterricht behandeln.

Das Max-Born Gymnasium hatte diesen Informationstag für 400 Schüler der 8. bis 11. Klassen durch die Teilnahme ihrer Umwelt-AG am Landeswettbewerb Ressourcenschutz und Ressourcenschonung gewonnen. "Ressourcenkönige - Ein Königreich für Rohstoffe" lautete der Wettbewerb. Die Sechstklässler der Umwelt-AG wurden vom Kultusministerium belobigt, weil sie unter anderem alte Drucker-Kartuschen gesammelt und der Wiederverwertung zugeführt haben.

Referent Simonis ist seit gut einem Jahr im Auftrag von verschiedenen Projektträgern in weiterführenden Schulen unterwegs. Koordiniert wird die Aktion von der Bildungseinrichtung Multivision aus Hamburg. Simonis hielt den Vortrag am Gymnasium dreimal hintereinander. Er berichtete umfassend und sehr sachkundig über den maßlosen Weltenergieverbrauch und die Endlichkeit der Rohstoffe. "Redeuce, Reuse, Recycle - einsparen, wieder verwenden und recyceln" seien die Vorgaben für die Zukunft. Ein Schüler der "Reuse" übersetzte, wurde von einigen Oberstufenschülern wieder mit spöttischem Applaus bedacht, so dass sich danach kaum einer mehr traute, sich zu Wort zu melden. Simonis erläuterte auch den sogenannten "Welterschöpfungstag", also den Tag im Jahr, an dem die nachwachsenden Rohstoffe jeweils aufgebraucht sind. "1987 war das noch der 19. Dezember, 2016 war das schon der 8. August", so der Referent. "Der Tag ist absehbar, an dem weltweit sauberes Wasser aufgebraucht ist."

Auch habe sich der Ressourcenverbrauch bis heute um das Zehnfache erhöht, die Weltbevölkerung sei aber nur um das 3,5-fache gewachsen. Dann machte er ein Experiment mit den Schülern. Es musste alle die aufstehen, die von Juli bis August Geburtstag haben. "Ihr seid in diesem Fall ein Viertel der Weltbevölkerung, verbraucht aber drei Viertel der weltweiten Ressourcen", erklärte der Referent, "für die anderen drei Viertel von euch wären nur ein Viertel der Ressourcen vorhanden".

Da ging dann doch ein allerdings schwaches Raunen durch den Saal. "So werden in Afrika und Asien Flüchtlinge produziert", kam Simonis auch auf ein brandaktuelles Thema zu sprechen. Seine Bemerkung: "Es ist in unseren eigenen Interesse, dass es auf der Welt gerechter zugeht" und dass das westliche Wirtschaftssystem den Ressourcenverbrauch exorbitant betreibe, verhallte dann aber wieder ohne Reaktion bei den Schülern. Hinten an der Wand ließ der Referent noch einen Appell aufscheinen: "Dein Kassenbon ist ein Stimmzettel. Jedes verdammte Mal. Alles Liebe, Dein Kapitalismus."

© SZ vom 15.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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