Germering:Debatte über Sicherheitsprobleme der B 2

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Nach dem tödlichen Unfall bei Germering mehren sich kritische Stimmen, die auf die höchst problematische Einmündungsbereiche an der Bundesstraße zwischen Fürstenfeldbruck und der Auffahrt zur A 96 hinweisen. An manchen Stellen könnten Warnschilder und Tempolimits die baulichen Unzulänglichkeiten zumindest lindern

Von Andreas Ostermeier und Stefan Salger, Germering

Der schwere Verkehrsunfall vom vergangenen Freitag hat eine Debatte ausgelöst über die Sicherheit an den Einfahrten in die Bundesstraße 2 und speziell im Bereich der Zufahrt vom Germeringer Norden Richtung Autobahn. In den sozialen Medien und über Leserbriefe wurden Forderungen laut, diese Stellen zu entschärfen. Tenor: Es fehlen Geschwindigkeitsbegrenzungen, um trotz der vorhandenen baulichen Unzulänglichkeiten das Unfallrisiko zu reduzieren.

Die Hauptverantwortung an dem schweren Unfall, an dessen Folgen mittlerweile ein dreijähriges Mädchen gestorben ist, dürfte einer jungen Fahranfängerin anzulasten sein. Die sei schlicht zu schnell gefahren und deshalb auf die B-2-Fahrbahn herausgetragen worden, heißt es. Die Polizei spricht von "nicht angepasster Geschwindigkeit." Allerdings häufen sich Stimmen, die überzeugt sind, dass die bauliche Konstruktion der Einfahrt und das Fehlen von Schildern den Unfall zumindest befördert haben. Und es mehren sich die Stimmen von Germeringern, die von ähnlichen Erfahrungen an dieser Stelle berichten.

Die gut 100 Meter lange Gerade, die den Kreisel beim Hagebaumarkt mit der quer verlaufenden Bundesstraße 2 verbindet, verleitet dazu, jenseits des Ortsschildes zügig zu fahren - vor allem bei Dunkelheit, wenn die nahende 90-Grad-Rechtskurve zu spät erkannt wird. Wer am Ende der Geraden schneller als 20 oder 30 Kilometer pro Stunde fährt und dann das Vorfahrt-achten-Schild und den weißen Rechtspfeil auf blauem Grund erreicht - das nur ein paar Meter vor der B 2 steht - der muss scharf bremsen und das Steuer beherzt herumreißen. Mehrere Germeringer berichten von ähnlichen Erfahrungen. So auch der Germeringer CSU-Stadtrat Hans Pichelmaier. "Die Einfahrt war noch nie gut", urteilt der Germeringer, der sich selbst einen "erfahrenen Autofahrer" nennt. Der Lokalpolitiker fordert, zwischen B-2-Fahrspur und Beschleunigungsstreifen eine durchgezogene Linie zu ziehen. Ihm geht es darum, ein deutliches Signal zu setzen, dass man an dieser Stelle nicht direkt auf die Bundesstraße fahren kann. Pichelmaier wünscht sich zudem einen längeren Beschleunigungsstreifen. Ähnlich sieht es SZ-Leser Stefan Probst aus Puchheim: "Auch der ortskundige Fahrer wird oft davon überrascht, dass sich der Kurvenradius am Ende plötzlich verengt."

Gleichwohl verlief an dieser Stelle bislang offenbar alles meist glimpflich - der Einmündungsbereich ist nach Worten von Susanne Steer vom Straßenverkehrsamt Germering kein Unfallschwerpunkt: "Es war der erste schwere Unfall in den zurückliegenden zehn Jahren." Beschwerden oder Anregungen aus der Bürgerschaft sind ihr bislang nicht zu Ohren gekommen.

Könnte man nicht dennoch zumindest frühzeitig, etwa in der Mitte der langen Geraden, Warnschilder aufstellen, die auf die nahende scharfe Rechtskurve hinweisen, die zulässige Höchstgeschwindigkeit deutlich begrenzen - und möglicherweise "reflektierende Begrenzungen jeweils auf der linken Seite des Knicks" anbringen, wie dies Stefan Probst vorschlägt? Solche Entscheidungen seien Sache der regelmäßig zusammentretenden Unfallkommission, sagt Susanne Steer. Dieses Gremium ist mit Vertretern von Landratsamt, Straßenbauamt, Polizei und der Stadt Germering besetzt. Bernd Emmrich, Fachreferent für Verkehr und Umwelt beim ADAC Südbayern, bestätigt dies. Behörden seien sehr vorsichtig beim Aufstellen zusätzlicher Verkehrsschilder. Nach schweren Unfällen gebe es aber die Möglichkeit einer Neubewertung. Dann könnte es im Germeringer Fall auch darum gehen, auf der Bundesstraße 2 in den Einmündungsbereichen restriktivere Tempolimits einzuführen. Dass das früher geltende Limit von 70 Stundenkilometern aufgehoben worden sei und nun Tempo 100 gelte, halten die ortskundigen SZ-Leser Albert Hartl aus Eichenau und Wolfgang Krödel aus Germering für eine Fehlentscheidung. Auch deshalb, weil die Brückenpfeiler einfädelnden Fahrern die Sicht auf herannahende Autos erschweren.

Beschäftigen könnten sich die Behörden auch mit der Gestaltung der Beschleunigungsstreifens. Für die ist das Straßenbauamt zuständig. Emmrich vom ADAC findet zwar, dass man "froh sein kann, wenn man solche Streifen überhaupt hat". Viele Autofahrer aber sehen dringenden Handlungsbedarf - so wie eben im Einmündungsbereich von Germering Richtung Autobahn. Offensichtlich war es nicht möglich, die Zufahrt in einem Bogen auf die B 2 zu führen, weil diese dann über ein benachbartes Feld geführt hätte. Zudem ist der Beschleunigungsstreifen sehr kurz.

Wolfgang Krödel berichtet von zahlreichen "Beinahe-Unfällen", weil Autos am Ende der Einfädelspuren standen und von hinter ihnen einfahrenden Autos überholt werden. Er plädiert für ein Überholverbot - möglicherweise wäre auch eine längere durchgezogene Linie zwischen Einfädelspur und Bundesstraße sinnvoll.

SZ-Leser Joachim Jutz sagt, er habe sich vor etwa einem Jahr ans Landratsamt gewendet und eine eindeutige Beschilderung eingefordert - ohne Erfolg. Als Antwort habe er erhalten, es handle sich "um eine Aufstellspur und nicht um eine Beschleunigungsspur". Seine Befürchtung: "Das werden dort nicht die letzten Toten sein, wenn nichts geändert wird!"

Stefan Probst aus Puchheim widerspricht entschieden Alex Eder vom Freisinger Bauamt, das für die B 2 zuständig ist. Eder hatte von einem "relativ hohen baulichen Niveau" der Zufahrt gesprochen. Für Prost ist die Zufahrt von der Spange zur B 2 schlicht "eine Fehlplanung." Andere Autofahrer plädieren grundsätzlich dafür, Gefahrenstellen durch "großzügig angelegte Kreisverkehre" zu entschärfen.

Die Zufahrt im Norden Germerings ist allerdings nicht die einzige, an der SZ-Leser Kritik üben. Probleme bereitet Autofahrern etwa auch die Ausfahrt in Richtung Eichenau. Wer dort die B 2 verlässt, muss am Ende der langgezogenen Kurve, die die Ausfahrt macht, dem von rechts kommenden Verkehr die Vorfahrt lassen. Ein Wohnmobilfahrer aus Eichenau moniert, dass genau das äußerst schwierig sei. Er habe an seinem Wohnmobil rechts einen Spiegel angebracht, um die Autos sehen zu können, die an dieser Stelle angeschossen kommen. Ohne diesen Spiegel sei es unmöglich, diese zu bemerken, sagt er und berichtet von einem Unfall an dieser Stelle, weil ein Lastwagenfahrer ein vorfahrtsberechtigtes Auto übersehen hat.

© SZ vom 08.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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